12.07.2021

COR-101 hemmt auch die sich schnell ausbreitende Delta-Variante von SARS-CoV-2

Forscher:innen aus Braunschweig publizieren präklinischen Datensatz zur Entwicklung des anti-SARS-CoV-2-Antikörpers COR-101

Unser Körper stellt normalerweise selbst Antikörper her, um Viren wie SARS-CoV-2 zu bekämpfen. Bei Patient:innen mit Vorerkrankungen und bei älteren Menschen ist die Bildung der notwendigen Antikörper aber oftmals verlangsamt oder nicht mehr möglich. Dann sind sie auch nach einer Impfung nicht geschützt. Ihnen kann jedoch durch die Gabe geeigneter Antikörper geholfen werden. Einen solchen Antikörper haben in enger Kooperation die Technische Universität Braunschweig, das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und die Biotech-Firma YUMAB GmbH in Braunschweig entwickelt. Der Antikörper COR-101 befindet sich aktuell in Phase-Ib/II-Studien für die Behandlung von mittleren bis schweren Krankheitsverläufen von COVID-19 durch die CORAT Therapeutics GmbH. Erste Ergebnisse hat das Forschungsteam jetzt in Cell Reports veröffentlicht.

Struktur des Antikörpers COR-101 (rot), der an die Rezeptorbindestelle (grün) des Spike-Proteins (grau) von SARS-CoV-2 bindet.Struktur von COR-101 (rot), der an die Rezeptorbindestelle (grün) des Spike-Proteins (grau) von SARS-CoV-2 bindet. Abbildung: Thomas Klünemann/HZI Für den ersten Schritt bei der Antikörperentwicklung haben die Forscher:innen die Baupläne von Antikörpern, die an das Virus SARS-CoV-2 binden, aus den Blutzellen von genesenen COVID-19-Patienten gewonnen. Aus den gesammelten Antikörpergenen konnten sie dann eine molekulare Phage-Display-Bibliothek erstellen und so nahezu 200 unterschiedliche Antikörper gegen die Rezeptorbindestelle (RBD) des Hüllproteins (Spike) von SARS-CoV-2 im Reagenzglas isolieren. In den Laboren der Sicherheitsstufe 3 am HZI wurden davon 30 Antikörper identifiziert, die das Eindringen von SARS-CoV-2 in Zellen effizient verhindern konnten. Hier zeigt der Antikörper COR-101 die beste Aktivität in der Neutralisierung der Viren.

Die Effizienz des Antikörpers bestätigte sich in transgenen Mäusen, die den menschlichen ACE2-Rezeptor tragen, sowie in Hamstern. Dabei gelang es, die Viren effizient zu reduzieren oder komplett zu beseitigen. Das Forschungsteam konnte die Struktur des Antikörpers und seiner Bindung an die Rezeptorbindestelle auf atomarer Ebene aufklären und zeigen, dass der Antikörper direkt das Andocken der Viren an die Zellen blockiert. COR-101 bindet und hemmt auch das Spike-Protein der neu auftretenden indischen SARS-CoV-2-Varianten (B.1.617.1 und .3). Zusätzliche Daten, die nach der Publikation in Cell Reports gewonnen wurden, zeigen, dass selbst die neue gefährlichere Delta-Variante (B.1.617.2) effizient inhibiert wird.

Im Gegensatz zu den Antikörpern, die bisher in der EU eine Notfallzulassung bekommen haben und für die ambulante Behandlung von COVID-19-Patienten mit leichten bis mittleren Symptomen entwickelt wurden, wurde der Antikörper COR-101 speziell für die Behandlung von hospitalisierten Patienten entwickelt, die akut eine therapeutische Behandlung benötigen. Dazu haben die Forscher:innen den Teil des Antikörpers verändert, der normalerweise das Immunsystem aktiviert, was mögliche schädliche Reaktionen durch ein überschießendes Immunsystem verhindert.

Prof. Michael Hust von der TU Braunschweig, leitender Autor der Studie und Mitinitiator der CORAT Initiative, sagt: „Die Entwicklung von COR-101 war nur in der engen gemeinsamen Zusammenarbeit unserer Forschungsgruppe mit der YUMAB GmbH und dem HZI möglich. Ich bin überzeugt, dass dieser Antikörper noch viele Menschleben retten wird.”

Dr. Maren Schubert, stellvertretende Leiterin der Studie an der TU Braunschweig, ergänzt: „Wir sind stolz auf die Resultate unserer Forschung und Entwicklung, die wir gleich im Februar 2020 mit der Produktion der SARS-CoV-2-Proteine in Insektenzellen begonnen haben.”

Prof. Stefan Dübel (ebenfalls TU Braunschweig), Erfinder der Antikörper-Phagen-Display-Technologie und Initiator der CORAT Initiative, sagt: „Wir konnten zeigen, dass wir in kürzester Zeit einen effektiven therapeutischen Antikörpermedikamentenkandidaten entwickeln können. Dieses Wissen wird uns auch in Zukunft helfen, schneller und spezifischer bei der nächsten Pandemie reagieren zu können.”

Dr. Joop van den Heuvel, Strukturbiologe am HZI, ist „fasziniert vom Wirkmechanismus des Antikörpers“.

Prof. Luka Čičin-Šain, Leiter der Abteilung „Virale Immunologie“ am HZI, sagt: „Das Beispiel COR-101 zeigt die besonderen Fähigkeiten der Region Braunschweig im Bereich der translationalen Infektionsforschung.”

Dr. André Frenzel, Wissenschaftlicher Leiter der YUMAB und CORAT GmbH, sagt: „Wir freuen uns auf die Daten der klinischen Studien mit COR-101, ein Antikörper, der die aktuelle Lücke bei der Behandlung von COVID-19-Patienten schließen kann.”

Zur Studie

Die Studie entstand im Forschungsschwerpunkt Infektionen und Wirkstoffe der TU Braunschweig. Für die Untersuchungen wurde mit Mäusen und Hamstern gearbeitet. Die Tierversuche fanden am HZI und an der FU Berlin statt und wurden unter strengen Sicherheits- und Tierschutzauflagen durchgeführt.

Originalpublikation

Bertoglio, F., Fühner. V., Ruschig, M., Abassi, L., Heine, P.A., Klünemann, T., Rand, U., Meier, D., Langreder, N., Steinke, S., Ballmann, R., Schneider, K.-T., Roth, K.D.R., Kuhn, P., Riese, P., Schäckermann, D., Korn, J., Koch, A., Chaudhry, M.Z., Eschke, K., Kim, Y., Zock-Emmenthal, S., Becker, M., Scholz, M., Moreira, G.M.S.G., Wenzel, E.V., Russo, G., Garritsen, H.S.P., Casu, S., Gerstner, A., Roth, G., Adler, J., Trimpert, J., Hermann, A., Schirrmann, T., Dübel, S., Frenzel, A., Van den Heuvel, J., Čičin-Šain, L., Schubert, M. & Hust, M.: A SARS-CoV-2 neutralizing antibody selected from COVID-19 patients is binding to the ACE2-RBD interface and is tolerant to most known RBD mutations. Cell Reports 2021; doi: 10.1016/j.celrep.2021.109433

Weiterführende Links

Über das Corona Antibody Team
Über CORAT Therapeutics (klinische Entwicklung)

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