Diagnostik für seltene rheumatische Erkrankungen
Autoimmunerkrankungen wie systemische Sklerose, systemischer Lupus erythematodes oder das Sjögren-Syndrom rufen Entzündungsreaktionen im Bindegewebe hervor. Sie werden daher als Kollagenosen (engl. Connective Tissue Diseases, CTD) zusammengefasst und zählen zu den seltenen rheumatischen Erkrankungen. Die optimale Therapie hängt davon ab, welcher Arm des Immunsystem die Entzündungsreaktion verursacht. Danach ließen sich Patient:innen in zwei Gruppen einteilen, jedoch ist eine eindeutige Diagnose bisher noch nicht möglich. Forschende des TWINCORE – Zentrum für Klinische und Experimentelle Infektionsforschung, des HZI und der MHH wollen zuverlässige diagnostische Tools entwickeln, um die Gruppen präzise voneinander zu unterscheiden. Das Konsortium PREDICT-CTD (PREcision DIagnostics to CombaT Connective Tissue Diseases) bringt Grundlagenforscher:innen, Kliniker:innen und Clinician Scientists zusammen, die mithilfe modernster Multi-Omics-Technologien wie Gendiagnostik und immunologischer Phänotypisierung die Ursachen der Kollagenose genauer ergründen. „Die gewonnenen Erkenntnisse werden uns helfen, präzisere Diagnoseverfahren zu entwickeln“, sagt Prof. Yannic Bartsch, Leiter der Nachwuchsgruppe „Antivirale Antikörper-Omics“ am TWINCORE. Bartsch ist gemeinsam mit Dr. Dr. Theresa Graalmann, Leiterin der Klinischen Nachwuchsforschungsgruppe „Translationale Immunologie“ am TWINCORE, für die Leitung des Projekts verantwortlich, das für fünf Jahre mit etwa 2,7 Millionen Euro gefördert wird.
Pathoblocker für die Leber: Neuer Ansatz gegen primär sklerosierende Cholangitis
Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronisch verlaufende Entzündung der Gallengänge, die im Endstadium zum Leberversagen führen kann. Bisher kann die Erkrankung nur operativ oder im Falle einer Infektion mit Antibiotika behandelt werden. Forschende der MHH und des HZI verfolgen im Projekt „Sialidase targeting pathoblocker therapy for primary sclerosing cholangitis“ (StopPSC) nun einen neuen therapeutischen Ansatz. Als Ursache für die PSC gelten Bakterien, die mithilfe des Enzyms Sialidase Zuckerstrukturen auf der Oberfläche der Zellen des Gallengangs angreifen. Im Projekt StopPSC wollen die Forschenden nun einen Wirkstoff entwickeln, der dieses Enzym hemmt und somit gezielt die krankmachenden Eigenschaften der Bakterien ausschaltet oder schwächt. Solche Wirkstoffe werden als Pathoblocker oder Virulenz-Inhibitoren bezeichnet. Forscher:innen der HZI-Abteilung „Chemische Biologie“ unter der Leitung von Prof. Mark Brönstrup sowie der Arbeitsgruppe „Pharmakokinetik und Pharmakodynamik“ unter der Leitung von Dr. Katharina Rox entwickeln bereits Pathoblocker gegen verschiedene klinisch relevante Krankheitserreger als Antibiotikaersatz. „Wir freuen uns, die Expertise des HZI zu bakteriellen Virulenz-Inhibitoren nun auch im Bereich seltener chronisch-entzündlicher Lebererkrankungen in enger Partnerschaft mit der MHH einzubringen“, sagt Brönstrup. „Unser Ziel ist es, maßgeschneiderte Therapien für die „Orphan Disease“ primäre sklerosierende Cholangitis mithilfe medizinalchemisch und pharmakologisch optimierter Wirkstoffe zu entwickeln, um die Prognose von Patientinnen und Patienten zu verbessern“, fügt Rox hinzu. Das an der MHH durch Prof. Benjamin Heidrich koordinierte Projekt wird mit 2 Millionen Euro unterstützt, rund 40 Prozent davon fließen ans HZI.