Hellfeldmikroskopie von Darm-Organoiden vom Nilflughund (Rousettus aegyptiacus)

Labor für Virus-Wirt Co-Evolution

Zoonotische Viren sind in der Regel an ihre natürlichen Wirte angepasst, die eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber viralen Erkrankungen zeigen. Diese Resilienz ist das Ergebnis einer über Jahrtausende andauernden Koevolution zwischen Virus und Wirt. Wird ein solcher Erreger jedoch auf andere Tierarten oder den Menschen übertragen, kann dies zu schweren Krankheitsausbrüchen führen. Im Labor für Virus-Wirt-Co-evolution (VICO) untersuchen wir die molekularen Grundlagen jener Resilienzmechanismen, die im Zuge der evolutionären Anpassung zwischen Virus und Wirt entstanden sind.

Dr. Max Kellner

Leitung

Dr. Max Kellner
Forschungsgruppenleiter

Unsere Forschung

Logo der Nachwuchsgruppe VICO

Viren sind auf Wirtsorganismen angewiesen, um ihren Lebenszyklus zu vollziehen und als eigenständige biologische Einheiten fortzubestehen. Im Verlauf der Evolution haben sich viele Viren an bestimmte Tierarten angepasst und können dauerhaft in diesen sogenannten natürlichen Wirten (Reservoirs) verbleiben. Wird ein Erreger von einem Reservoir jedoch auf einen nicht angepassten Wirt – etwa den Menschen – übertragen, kann dies zu schweren Krankheitsverläufen und globalen Gesundheitskrisen führen. In der Vergangenheit haben solche zoonotischen Virusübertragungen beispielsweise zu der AIDS- und der COVID-19-Pandemie geführt.

Trotz intensiver Forschung zu viralen Anpassungsstrategien sind die Abwehrmechanismen natürlicher Wirte bislang nur unzureichend verstanden – nicht zuletzt deshalb, weil sie sich über Millionen Jahre der Koexistenz mit Viren entwickelt haben. Daraus ergeben sich zentrale Forschungsfragen:

  • Wie gelingt es natürlichen Wirten, Virusinfektionen zu tolerieren, die in anderen Arten schwere Erkrankungen auslösen?
  • Was macht einen Virus pathogen im nicht angepassten Wirt?
  • Lassen sich natürlich vorkommende Resilienzmechanismen auf Arten wie den Menschen therapeutisch übertragen, um virale Erkrankungen zu verhindern?
Immunofluoreszenzfärbung von Darm-Organoiden vom Nilflughund (Rousettus aegyptiacus)
Immunofluoreszenzfärbung von Darm-Organoiden vom Nilflughund (Rousettus aegyptiacus)

Im Labor für Virus-Wirt-Koevolution (VICO) widmen wir uns diesen Fragestellungen, indem wir die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Viren und ihren Wirten molekularbiologisch untersuchen. Unser Fokus liegt auf evolutionär alten Säugetierarten, die bekannte Humanpathogene in sich tragen, selbst jedoch während einer Infektion symptomfrei bleiben – darunter Fledertiere, Nager, Insektenfresser, bestimmte Nutztiere sowie dem Menschen nahe verwandte Primaten.

Für unsere Forschung setzen wir dreidimensionale Organoid-Kultursysteme ein, die die natürliche Gewebearchitektur tierischer und menschlicher Wirte realitätsnah nachbilden. Sie ermöglichen es uns, Virus-Wirt-Interaktionen unter nahezu physiologischen Bedingungen im Labor zu untersuchen. Diese Organoidmodelle kombinieren wir mit funktionell-genetischen Methoden – darunter CRISPR-Cas9-Geneditierung und Einzelzell-Transkriptomanalysen –, um zu verstehen, wie genetische Unterschiede zwischen Wirtsarten die zelluläre Reaktion auf Virusinfektionen beeinflussen.

Unsere Forschung trägt damit nicht nur zum grundlegenden Verständnis von Virus-Wirt-Anpassung bei, sondern unterstützt auch die Entwicklung innovativer antiviraler Strategien – im Sinne eines One Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ganzheitlich betrachtet.