Evolutionäre Gemeinschaftsökologie

Der Mensch ist zunehmend Teil der Interaktionsnetze und die Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen nimmt zu. Tatsächlich stellen neu auftretende Zoonosen eine zunehmende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. Die meisten dieser Krankheiten haben ihren Ursprung in Wildtieren. Mikroorganismen und die mit ihnen verbundenen Krankheiten beeinflussen auch das Fortbestehen und die Erhaltung von Tierpopulationen. Gelegentlich werden Krankheitserreger auch vom Menschen auf Tiere übertragen. Die Forschungsgruppe „Evolutionäre Gemeinschaftsökologie“ untersucht, wie sich die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften kaskadenartig auf ihre mikrobiellen Gemeinschaften, Krankheiten und Übertragungsraten auch auf den Menschen auswirkt. Diese Abteilung hat ihren Sitz am Helmholtz-Institut für One Health.

Dr. Jan Frederik Gogarten

Leitung

Dr. Jan Frederik Gogarten
Forschungsgruppenleiter

Unsere Forschung

Abstrich von Blättern
Abstrich von Blättern zur Gewinnung von Wirbeltier-eDNA im Botanischen Garten Greifswald

Der Mensch verändert unseren Planeten in einem noch nie da gewesenen Tempo: Die Temperaturen steigen rapide an, die menschlichen Aktivitäten in den verbliebenen tierischen Lebensräumen nehmen zu und die Biomasse der Tiere auf dem Planeten ist schätzungsweise um mehr als 85 % zurückgegangen, während die Anzahl der Menschen und der dazugehörigen Nutztiere zunahm. Angesichts dieser raschen Veränderungen verschiebt sich die Zusammensetzung der verbleibenden Tiergemeinschaften. Die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften hat kaskadenartige Auswirkungen auf das Verhalten und die Ökologie dieser Tiere. In und auf jedem Tier finden sich vielfältige Gemeinschaften von (Mikro-)Organismen, während die Tiere ihrerseits in komplexen sozialen Gruppen leben und mit anderen Tierarten über z. B. Räuber-Beute-Beziehungen sowie mit verschiedenen Gemeinschaften von Vektoren interagieren. Die Übertragung von Mikroorganismen erfolgt z. T. durch diese Interaktionen, sowohl zwischen Tieren derselben Art als auch zwischen Tieren verschiedener Arten. Der Mensch ist zunehmend Teil dieser Interaktionsnetze und die Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen nimmt zu. Tatsächlich stellen neu auftretende Zoonosen eine zunehmende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. Die meisten dieser Krankheiten haben ihren Ursprung in Wildtieren. Mikroorganismen und die mit ihnen verbundenen Krankheiten beeinflussen auch das Fortbestehen und die Erhaltung von Tierpopulationen. Gelegentlich werden Krankheitserreger auch vom Menschen auf Tiere übertragen. Die Forschungsgruppe „Evolutionäre Gemeinschaftsökologie“ untersucht, wie sich die veränderte Zusammensetzung von Tiergemeinschaften kaskadenartig auf ihre mikrobiellen Gemeinschaften, Krankheiten und Übertragungsraten auch auf den Menschen auswirkt.

Jüngste praktische und theoretische Fortschritte auf dem Gebiet der Gemeinschaftsökologie bieten die Möglichkeit, die für die Entstehung und Ausbreitung von Krankheitserregern in diesen sich verändernden Kontexten relevanten Wechselwirkungen zu ermitteln und besser zu verstehen. Ziel der Forschungsgruppe ist es, flexible Modellierungskonzepte zu entwickeln und zu nutzen, um diese verschiedenen Dimensionen der biologischen Organisation - vom Wirtsorganismus bis hin zu landschaftlichen und regionalen Prozessen - einzubeziehen und diese Prozesse zu entflechten. Dies wird durch die Einbeziehung eines evolutionären Ansatzes vorangetrieben, der Daten liefert, um festzustellen, welche dieser Prozesse den Aufbau von Gemeinschaften auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Ebenen vorantreiben. So können Analysen der phylogenetischen Strukturierung von Wirten und Mikroorganismen Muster der Selektion und Interaktionen zwischen Mikroorganismen aufzeigen, während phylogenetische Analysen die Geschichte des Wirtswechsels oder der Kodivergenz offenlegen können. Tiergemeinschaften und Interaktionen zwischen den Arten zu ignorieren, kann dramatische, unbeabsichtigte Folgen für Naturschutzmaßnahmen haben.

Der Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt und menschlicher Gesundheit ist nach wie vor kontrovers. Einerseits geht man davon aus, dass eine große Artenvielfalt bei Tieren eine große mikrobielle Vielfalt beherbergt, von denen einige für den Menschen pathogen sein können. Andererseits hat sich gezeigt, dass ein hohes Maß an biologischer Vielfalt, insbesondere auf kleiner und mittlerer Ebene, das Risiko einiger Krankheiten für den Menschen verringert. So geht der Verdünnungseffekt davon aus, dass die Übertragung bestimmter Krankheitserreger mit abnehmender biologischer Vielfalt zunehmen kann, wobei die Zahl der geeigneten Wirte mit zunehmender biologischer Vielfalt abnimmt. Trotz der Forderung nach allgemeingültigen Regeln, die einen Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt, Störungen des Lebensraums und Krankheitsrisiko herstellen, haben sich solche Muster bisher nicht gezeigt. Vielmehr wächst das Bewusstsein, dass lokale Daten über die biologische Vielfalt von Tieren, ihren mikrobiellen Gemeinschaften und Übertragungsraten erforderlich sind, um das kontextspezifische Krankheitsrisiko zu quantifizieren und lokale Strategien zur Krankheitsbekämpfung zu entwickeln. Daten über die Verteilung von Wirten und ihren Mikroorganismen bilden somit die Grundlage für das Verständnis der Dynamik des Risikos der Krankheitsentstehung in unserer sich verändernden Welt. Das aufkommende Feld der eDNA, das Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien nutzt, um Sequenzinformationen über Wirte und Mikroben in großem Maßstab zu generieren, wird von unserer Gruppe genutzt, um das Feld der evolutionären Gemeinschaftsökologie auf das wichtige Thema des Krankheitsentstehungsrisikos anzuwenden.

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