Salmonellen
Salmonellen sorgen im Sommer regelmäßig für Schlagzeilen, wenn sie wieder einmal eine Mayonnaise, ein Milcheis oder eine Eischaumcreme verdorben haben. Häufig löst auch unvorsichtiger, unhygienischer Umgang mit Geflügelfleisch in der Küche Infektionen aus. Besonders Hühner tragen viele Salmonellen in sich, und je enger sie in Zuchtbetrieben gehalten werden, desto größer ist die Belastung der Tiere mit Salmonella.
Das Ergebnis der Infektion beim Menschen: schwerer Durchfall und hohes Fieber. Die stäbchenförmigen Bakterien sind so aggressiv und schnell, dass sie etwa 50.000 Salmonellosen im Jahr auslösen. Für Kleinkinder und ältere Menschen können Infektionen mit Salmonella lebensbedrohlich werden – Salmonellosen gehören nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz zu den meldepflichtigen Erkrankungen.
Ihren Namen bekamen die Salmonellen im Jahr 1890 von dem Veterinär Daniel Elmer Salmon, der sie als Verursacher der „Schweinecholera“ identifizierte. Und obwohl Infektionen mit Salmonellen uns seit Jahrhunderten begleiten, ist über die genauen Mechanismen, mit denen sie uns infizieren, nur wenig bekannt. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung betrachten Salmonellen von ganz unterschiedlichen Seiten. Sie erforschen einerseits die molekularen Hintergründe der Infektion und nutzen andererseits die Eigenschaften der Bakterien, um Tumore zu bekämpfen.
Das Spritzbesteck von Salmonella
Salmonella überlässt die Infektion ihres Wirtes nicht dem Zufall: Die Bakterien gelangen mit der Nahrung in den Darm und bewegen sich dort aktiv mit einer rotierenden Geißel – auch Flagellum genannt – zu den Darmzellen hin. An der Zelle angekommen, docken die Bakterien an und spritzen mit einer molekularen Nadel Signalstoffe in die Zellen. Diese Signalstoffe sorgen dann dafür, dass die Darmzelle die Salmonelle in sich aufnimmt – die Infektion nimmt ihren Lauf. Woraus dieses Signal besteht, was genau in der Darmzelle geschieht, wie Salmonella sich im Körper ausbreitet und wie wir uns dagegen wehren können, das versuchen unsere Wissenschaftler herauszufinden. Denn nur wenn sie die molekularen Mechanismen kennen, können sie neue Strategien gegen schwere bakterielle Infektionen entwickeln. Salmonella ist dabei sowohl das direkte Forschungsobjekt als auch ein Modellsystem, denn auch andere Krankheitserreger nutzen Geißel und Injektionsnadel, um Organismen zu infizieren.
Teufel gegen Beelzebub
Das aggressive Verhalten der Bakterien hat jedoch auch durchaus positive Seiten: Wissenschaftler haben bereits Anfang des 19. Jahrhunderts beobachtet, dass sich bei Krebspatienten Salmonellen in den Tumoren sammeln und zum Absterben des Tumors führen können. Da die Krebspatienten jedoch häufig an der schweren bakteriellen Infektion starben, galt die Methode lange Zeit als therapeutische Sackgasse. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung haben die Idee wieder zum Leben erweckt und die Mechanismen hinter dem beobachteten Effekt untersucht, um sie für Behandlungen nutzen und die schweren Nebenwirkungen vermeiden zu können. Bei der Therapie von Tumoren in Mäusen sind sie bereits erfolgreich. Noch ist die Behandlung von Krebserkrankungen mit Salmonellen eine wissenschaftliche Vision - aber ohne Visionen gäbe es keinen wissenschaftlichen Fortschritt.
(jsg)
Beteiligte Forschungsgruppen
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Integrative Informatik der Infektionsbiologie
Dr. Lars Barquist -
RNA-Biologie bakterieller Infektionen
Prof. Dr. Jörg Vogel -
Strukturelle Infektionsbiologie
Prof. Dr. Michael Kolbe -
Einzelzellanalyse
Prof. Dr. Antoine-Emmanuel Saliba