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Sechs Teams erhalten jeweils 1,5 Millionen Euro für die Entwicklung neuer antiviraler Wirkstoffe

Drei Projekte mit HZI-Beteiligung ziehen in zweite Phase der Challenge der Bundesagentur für Sprunginnovationen ein

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen gibt heute die Teilnehmer der zweiten Phase der SPRIND Challenge „Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ bekannt. Sechs Teams erhalten für die kommenden zwölf Monate jeweils bis zu 1,5 Millionen Euro für die Entwicklung von neuen Wirkstoffkandidaten gegen virale Krankheiten. Das Team "PROTAC-powered antivirals" unter der Leitung von Prof. Mark Brönstrup, Abteilungsleiter "Chemische Biologie" am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, erhält die Förderung für die Entwicklung einer Plattform für breitwirksame antivirale Wirkstoffe. Zudem wird das Team "Mucboost" mit Beteiligung von Dr. Christian Sieben, Leiter der Nachwuchsgruppe „Nanoinfektionsbiologie“ am HZI, weiterhin gefördert. Im Team "CRISPR Antivirals" sind mit Prof. Chase Beisel, Abteilungsleiter "Synthetische RNA-Biologie" am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), und Prof. Claus-Michael Lehr, Abteilungsleiter "Wirkstofftransport über biologische Barrieren" am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), zwei HZI-Forscher vertreten. Das HIRI und HIPS sind Standorte des HZI in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg bzw. der Universität des Saarlandes.

Spätestens seit der COVID-19-Pandemie wissen wir: Viren sind eine Bedrohung für die Gesundheit der Menschen weltweit. Trotz des beachtlichen Erfolgs von Impfstoffen werden auch antivirale Medikamente benötigt, um Erkrankten helfen zu können. Für viele Viruserkrankungen, die uns seit langem begleiten, gibt es bis heute noch keine wirksamen Medikamente. Der Blick auf Ausbrüche von SARS-CoV-1, MERS-CoV, Ebola oder Influenza verdeutlicht, dass wir uns für zukünftige Epidemien und Pandemien wappnen müssen.

Damit ein Durchbruch bei der Entwicklung neuer antiviraler Medikamente gelingt, hat die Bundesagentur für Sprunginnovationen vor mehr als einem Jahr zu dieser SPRIND Challenge aufgerufen. Darin treten Teams parallel mit unterschiedlichen Lösungsstrategien an, um in einem Wettbewerb über drei Jahre die vielversprechendsten Wirkstoffe im Kampf gegen Viruserkrankungen zu finden.

Eine Jury aus Wissenschaft und Wirtschaft hat nun aus neun Teams die sechs Kandidaten ausgewählt, die an der nächsten Stufe dieses Innovationswettbewerbes teilnehmen werden. Die folgenden Teams konnten die Jury überzeugen, dass ihre Arbeiten neue antivirale Medikamente hervorbringen können, die das Potenzial haben, auch gegen heute noch unbekannte Viren erfolgreich eingesetzt werden zu können:

  • VIRUSTRAP nutzt die DNA-Origami-Technologie, um Fallen für Viren im Nanomaßstab zu bauen. Dafür konstruiert das Team um Prof. Hendrik Dietz (TUM, Ausgründung Capsitec GmbH) Halbschalen aus einzelsträngiger DNA, die Viren umschließen und neutralisieren. Größe und Form der Schalen lassen sich dabei flexibel an unterschiedliche Viren anpassen.
  • RNA-DRUGS unter Leitung von Prof. Harald Schwalbe (Goethe-Universität Frankfurt) erarbeitet eine Plattform für die Entwicklung antiviraler niedermolekularer Inhibitoren, die auf virale RNAs abzielen. Im Fokus stehen dabei RNA-Abschnitte, die nicht in Proteinsequenzen übersetzt werden. Diese Abschnitte sind seltener von Mutationen betroffen und bieten so ein robustes Ziel.
  • PROTAC-POWERED ANTIVIRALS schafft eine Plattform für die beschleunigte Entwicklung von antiviralen Arzneimitteln der nächsten Generation mit breitem Wirkungsspektrum, indem es sich Strategien der in-silico-Modellierung und des gezielten Proteinabbaus zunutze macht. Prof. Mark Brönstrup (HZI) und sein Team rekrutieren dafür Enzyme in der Zelle, die Virusproteine abbauen. Nach Abbau des Virusproteins können die PROTRACs genannten Wirkstoffe wiederverwendet werden und so dem rasanten Wachstum der Viren Einhalt gebieten.
  • MUCBOOST, geleitet von Dr. Daniel Lauster (FU Berlin), entwickelt ein Upgrade gegen Krankheitserreger: Die antivirale Wirksamkeit des Mukus, dem Schleim, der unsere Atemwege überzieht, wird gezielt verstärkt. Dieses Upgrade funktioniert nach einem Baukastenprinzip und kann so flexibel an unterschiedlichste Viren angepasst werden. Gleichzeitig hat der Ansatz das Potenzial, die Übertragbarkeit zu verringern, indem die Viren verstärkt am Mukus haften bleiben: Er wirkt also wie eine molekulare Maske. HZI-Wissenschaftler Dr. Christian Sieben ist seit der ersten Challenge-Phase Mitglied des MUCBOOST-Teams.
  • CRISPR ANTIVIRALS nutzt das antivirale Abwehrsystem CRISPR/Cas, das in Millionen Jahren der Evolution von Bakterien perfektioniert wurde, um die Vermehrung und die zytopathischen Wirkungen von RNA-Viren wie SARS-CoV-2 durch Spaltung ihres viralen Genoms und mRNA zu blockieren. Prof. Elisabeth Zeisberg (UMG) und ihr Team haben einen Weg gefunden, der verspricht, besonders robust gegen Mutationen eines Virus zu sein. Prof. Chase Beisel vom HIRI und Prof. Claus-Michael Lehr vom HIPS gehören ebenfalls diesem Forschungsteam an.
  • IGUARD um Prof. Axel Schambach (MHH) entwickelt molekulare Therapeutika der nächsten Generation auf RNAi-Basis gegen respiratorische Virusinfektionen und nutzt dazu maschinelles Lernen zur automatischen Identifizierung von Zielstrukturen sowie eine optimierte Vektorplattform für die Verabreichung und präklinische Validierung in humanen, patientenrelevanten Modellen. Durch diese automatische Identifizierung von Zielstrukturen sollen sich antivirale Therapeutika deutlich schneller entwickeln lassen als bisher.

"Wir freuen uns über die fortlaufende Förderung durch SPRIND, weil sie uns ermöglicht, unsere Ideen zu neuen antiviralen Wirkstoffen schnell und fokussiert umzusetzen", sagt Mark Brönstrup über das Erreichen der zweiten Challengephase.

Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: "Ich gratuliere allen Teams, die es in die zweite Runde der Anti-Viren-Challenge der SPRIND geschafft haben. Sie arbeiten daran, mit bahnbrechenden Technologien das Repertoire an antiviralen Therapeutika zu erweitern, damit in Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen und Patientinnen und Patienten schnell geholfen werden kann. Die COVID-19-Pandemie führt uns sehr deutlich vor Augen, wie wichtig Fortschritte in diesem Bereich sind. Man kann daher gar nicht genug betonen, wie wichtig dieser Wettbewerb ist. Auch bei den nun ausgeschiedenen Teams möchte ich mich sehr herzlich bedanken – ihre Ergebnisse aus der ersten Runde haben ebenfalls einen großen Mehrwert, denn auch von diesen Arbeiten kann man lernen."

Wir freuen uns über die fortlaufende Förderung durch SPRIND, weil sie uns ermöglicht, unsere Ideen zu neuen antiviralen Wirkstoffen schnell und fokussiert umzusetzen

Prof. Mark Brönstrup, Abteilungsleiter "Chemische Biologie"

Für die Mittelvergabe bei den SPRIND Challenges hat die Bundesagentur für Sprunginnovationen ein in Deutschland neues Verfahren der Innovationsförderung etabliert, die vorkommerzielle Auftragsvergabe. Im Vergleich zu bisherigen Verfahren der staatlichen Innovationsfinanzierung ist die vorkommerzielle Auftragsvergabe wesentlich schneller und die formalen Vorgaben weit weniger umfangreich, sodass auch kleinere Teams und Start-ups sich hieran mit Erfolg und ohne spezielles Know-how in der Fördermittelbeantragung beteiligen können.

"Die SPRIND Challenges haben sich in kurzer Zeit als wirkungsvolles Finanzierungswerkzeug zur Überbrückung des ‚Tal des Todes‘ zwischen Grundlagenforschung und Marktreife etabliert", erklärt Dr. Jano Costard, Challenge Officer von SPRIND. "Indem wir über mehrere Jahre hinweg unterschiedliche Lösungsansätze finanzieren und deren Entwicklungsfortschritt evaluieren, können wir die beste Lösung herausfiltern."

In einem Jahr werden die Ergebnisse der zweiten Stufe dieser SPRIND Challenge von der Jury erneut bewertet. Für die dritte und letzte Stufe des Innovationswettbewerbs werden dann bis zu vier Teams ausgewählt, die dann jeweils weitere zwei Millionen Euro für die Fortführung ihrer Entwicklungsarbeiten erhalten.

Weitere Informationen zu dieser SPRIND Challenge und zu den teilnehmenden Teams

Über SPRIND Challenges

SPRIND Challenges sind Innovationswettbewerbe, die zum Ziel haben, Lösungen für die großen gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit hervorzubringen. Sie entwerfen die Vision einer besseren Zukunft und versammeln die Wissenschaftler:innen, Innovator:innen und Entrepreneur:innen, die diese Vision Wirklichkeit werden lassen können. Deshalb werden die Challenge-Teams schnell und unbürokratisch finanziert und starten umgehend in einen mehrstufigen Wettbewerb. Zum Ende jeder Stufe wird die Arbeit der Teams evaluiert und nur die Besten verbleiben in der Challenge und erhalten weitere finanzielle Unterstützung, um ihre Idee weiterzuentwickeln.

Über SPRIND

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND wurde am 16.12.2019 mit Geschäftssitz in Leipzig gegründet. Alleinige Gesellschafterin ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). SPRIND schließt eine Lücke in der deutschen Innovationslandschaft: Sie findet neue, bahnbrechende Technologien für die großen Herausforderungen unserer Zeit und stellt gleichzeitig sicher, dass die Wertschöpfung der daraus entstehenden Unternehmen und Industrien in Deutschland und Europa bleibt. SPRIND wird aus Mitteln des Bundeshaushalts finanziert. Geführt wird SPRIND von Rafael Laguna de la Vera und Berit Dannenberg.