Ziele der Forschung am HZI sind die Entwicklung neuer und schnellerer Diagnoseverfahren, neuer Wirkstoffe zum Beispiel gegen resistente Keime und neuer Therapien gegen Infektionserkrankungen. Dabei verpflichtet sich das HZI konsequent dem sogenannten 3R-Prinzip mit dem Ziel, Tierversuche zu ersetzen (Replace), die Anzahl der Versuchstiere zu reduzieren (Reduce) und die Belastung für Versuchstiere zu verringern (Refine).
Immer mehr Schritte in der Infektionsforschung sind mittlerweile ohne den Einsatz von Tieren möglich. So haben die Wissenschaftler:innen zahlreiche Ersatzmethoden entwickelt wie dreidimensionale Zellkulturmodelle, computergebundene Simulationen oder beispielsweise das Zebrafisch-Larvenmodell. „Um herausfinden zu können, wie ein neuer Infektionserreger sich von der Nase bis zu Lunge und Herz im Körper ausbreitet oder wie ein neuer Impfstoff die gesamte Immunantwort beeinflusst und ob er tatsächlich vor einer Erkrankung schützt, sind Versuche am Tier leider unumgänglich. Wir können jedoch immer mehr Untersuchungen mit Alternativmethoden abdecken und so die Zahl der Tierversuche reduzieren“, sagt Dr. Marina Greweling-Pils, Leiterin der Forschungsgruppe „Vergleichende Medizin“ und Tierschutzbeauftragte des HZI. Diese Entwicklung zeigen auch die Zahlen der Versuchstiere am HZI: Im Jahr 2023 lag die Zahl an eingesetzten Tieren bei 6339 (davon 6297 Mäuse, 32 Ratten und 10 Goldhamster), im Vorjahr waren es 8851 (davon 8771 Mäuse, 32 Ratten und 48 Goldhamster). Zum Vergleich: Im Jahr 2019 wurden noch 11.042 Tiere (davon 11.028 Mäuse und 14 Ratten) in Versuchen eingesetzt.
Das komplexe Zusammenspiel der zahlreichen Zelltypen des Immunsystems und der Krankheitserreger sowie die Sicherheit und Wirksamkeit von Wirkstoffen lassen sich noch nicht vollständig mit Zellkultur- und Computermodellen abbilden. „Gerade beim Immunsystem gibt es sehr viele Mechanismen, die wir uns noch nicht erklären können – und so können wir auch keine Behandlung dafür finden, wenn sie mal nicht funktionieren“, sagt Greweling-Pils. Einen modernen Ansatz, mit dem sich die notwendigen Tierversuche im Sinne des 3R-Prinzips jedoch weiter reduzieren lassen, bietet die Forschung mit Organoiden, die derzeit am HZI etabliert wird. Organoide sind Miniaturmodelle menschlicher Organe, die im Labor aus Stammzellen gezüchtet werden. Diese feinen Gewebestrukturen ahmen die dreidimensionale Architektur und Funktion echter Organe nach und bieten so die Möglichkeit, biologische Prozesse besser zu verstehen.
„Wir nutzen die Organoide zum Beispiel für die Untersuchung von Krankheiten und das Wirkstoffscreening in einem menschlichen Kontext. Dabei können wir die Organoide mit CRISPR/Cas9-Technologie modifizieren, um spezifische genetische Veränderungen einzuführen, für die in der Vergangenheit häufig transgene Mäuse verwendet werden mussten“, sagt Prof. Josef Penninger, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI und Leiter der neu aufgebauten Abteilung „Innovative Organoid-Forschung“. Organoid-Modelle, die mit CRISPR-Technologie modifiziert werden, bieten eine viel schnellere und kostengünstigere Möglichkeit, menschliche Krankheitsmodelle zu erstellen und die Funktion von Genen zu untersuchen. Daher gewinnen sie zunehmend an Bedeutung für die biomedizinische Forschung und könnten in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Therapien und Medikamente spielen. Dennoch können auch Organoide nicht die gesamte Komplexität des Immunsystems abbilden, sodass etwa die Wirksamkeit neuer Medikamente zuletzt im Tierversuch geprüft werden muss.
Weitere Informationen
Einen Einblick in unsere Tierhaltung und weitere Labore des HZI sowie Videos mit unseren Wissenschaftler:innen bietet unsere 360°-Tour.
Korrektur: In einer früheren Version des Texts war die Zahl der Versuchstiere für 2023 falsch angegeben. Wir haben den Fehler korrigiert.