histologische Untersuchung von Gewebe Lungenentzündung

Dynamik respiratorischer Infektionen

Unsere Arbeitsgruppe untersucht das respiratorische Mikrobiom als zentralen Regulator der immunologischen Homöostase im Respirationstrakt. Im Fokus stehen bakterielle und fungale Mikrobiotakomponenten sowie deren Rolle bei Kolonisierungsresistenz, inflammatorischer Modulation und der Pathogenese von Infektionen des unteren Respirationstrakts.

Unsere einzigartige Verankerung sowohl an der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der MHH als auch als Forschungsgruppe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) ermöglicht eine unmittelbare Translation klinischer Fragestellungen in molekulare und funktionelle Analysen. Unser Ziel ist es, das respiratorische Mikrobiom – einschließlich des bislang wenig erfassten Mykobioms – umfassend zu charakterisieren und mikrobiell-wirtsseitige Interaktionen zu analysieren. Dabei stehen auch einzelne Kommensalen der Atemwege und der Lunge im Vordergrund; deren Einfluss auf Immunantworten und Pathogenverhalten untersuchen wir gezielt in Air-Liquid-Interface-Kulturen mithilfe mono- und ko-kultureller Expositionsmodelle. Diese patientennahen Modellsysteme – ergänzt durch PCLS und Organoide – ermöglichen uns, die Wirkung spezifischer Mikrobiota auf das respiratorische Epithel und alveoläre Immunzellen im Kontext respiratorischer Infektionen detailliert zu erfassen.

Ziel unserer Forschung ist es, mikrobiom-basierte Biomarker sowie immunmodulierende oder kolonisierungshemmende Mechanismen zu identifizieren, um neue diagnostische und therapeutische Ansätze für Infektionen des Respirationstrakts zu entwickeln.

Prof. Dr. med. Hortense Slevogt

Leitung

Prof. Dr. med. Hortense Slevogt
Forschungsgruppenleiterin

Unsere Forschung

Mikrobiom, Immunantwort und Pathogenese in der Lunge

Das respiratorische Mikrobiom ist ein zentraler, aber bislang unzureichend verstandener Bestandteil der Lungenhomöostase. Es trägt wesentlich zur Aufrechterhaltung des immunologischen Grundtonus, zur Kolonisierungsresistenz gegenüber Pathogenen und zur Kontrolle entzündlicher Prozesse bei. Im Gegensatz zum Darmmikrobiom sind die mikrobiellen Gemeinschaften der unteren Atemwege jedoch bislang kaum charakterisiert – insbesondere in Bezug auf ihre funktionelle Rolle in Gesundheit und Krankheit.

Ein wesentlicher Grund liegt in den methodischen Herausforderungen: Die mikrobielle Biomasse in der Lunge ist gering, die Proben – z. B. aus bronchoalveolärer Lavage – enthalten einen hohen Anteil humaner DNA. Zudem fehlen standardisierte Methoden zur zuverlässigen Analyse nicht-bakterieller Mikroben wie Pilze (Mykobiom) und Viren (Virom). Bis heute mangelt es an vergleichenden Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Sequenzieransätze, Primer-Spezifitäten und Protokollen für die Analyse mikrobieller Signaturen aus dem Lungenraum.

Unsere Arbeitsgruppe ist in einzigartiger Weise an der Schnittstelle von klinischer Infektionsmedizin und translationaler Mikrobiomforschung positioniert – als Teil der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie gleichzeitig als Forschungsgruppe „Dynamik respiratorischer Infektionen (DINF)“ am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig.

Diese doppelte Verankerung ermöglicht eine unmittelbare Rückkopplung zwischen klinischer Beobachtung und grundlagenwissenschaftlicher Analyse. Durch diese Struktur können wir gezielt Patientenmaterial und klinische Fragestellungen in experimentelle Systeme überführen – und umgekehrt molekulare Erkenntnisse direkt in diagnostische oder therapeutische Anwendungen rückspiegeln. Sie bildet damit ein ideales Modell für eine translationale Infektionsforschung mit Schwerpunkt Lungeninfektionen von der Klinik ins Labor und zurück.

Wir setzen modernste Sequenziertechnologien – darunter ampliconbasierte ITS- und 16S-Sequenzierung, Shotgun-Metagenomik sowie Long-Read-Technologien – ein, um eine möglichst umfassende Erfassung der mikrobiellen Gemeinschaften zu ermöglichen. Ergänzend entwickeln wir bioinformatische Auswertestrategien, um mikrobielle Signaturen auch bei niedriger Biomasse und hohem Anteil humaner DNA sicher identifizieren zu können. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der methodischen Erschließung der Pilzkomponenten (Mykobiom) des respiratorischen Mikrobioms, deren funktionelle Rolle in mikrobiellen Netzwerken und in der Interaktion mit humanen Zellen bislang weitgehend ungeklärt ist.

Unser Ziel ist es, die mikrobiellen Ökosysteme der Lunge umfassend zu charakterisieren und ihre Rolle in der Pathogenese respiratorischer Erkrankungen – etwa der ambulant oder nosokomial erworbenen Pneumonie – besser zu verstehen. Im Fokus stehen dabei sowohl klassische Pathogene wie Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae und Escherichia coli, als auch bislang wenig untersuchte Kommensalen wie Streptococcus mitis, Prevotella spp., Moraxella catarrhalis und Haemophilus influenzae, die potenziell immunmodulierende Funktionen ausüben. Darüber hinaus analysieren wir die funktionelle Integration fungaler Spezies – insbesondere Candida spp. und Aspergillus spp. – in die mikrobiellen Gemeinschaften der Lunge und deren Wechselwirkungen mit bakteriellen Mikroben und Wirtszellen.

Zur funktionellen Analyse nutzen wir fortschrittliche experimentelle Plattformen, darunter Air-Liquid-Interface (ALI) Kulturen, Lung-on-Chip-Systeme, patientenabgeleitete Lungengewebeschnitte (PCLS) sowie humane Lungenorganoide. Diese Modelle erlauben uns, die Interaktionen zwischen Mikroorganismen, respiratorischem Epithel und alveolären Makrophagen in einem immunologisch relevanten Kontext zu untersuchen.

Langfristig zielt unsere Forschung darauf ab, die mikrobielle Signatur und Dynamik in der Lunge nicht nur besser zu verstehen, sondern auch für die klinische Diagnostik und neue therapeutische Strategien nutzbar zu machen – etwa durch gezielte Mikrobiommodulation, durch die Identifikation diagnostischer Marker oder durch innovative Ansätze zur Prävention und Therapie respiratorischer Infektionen.