Chemische Biologie
Leitung
Unsere Forschung
Kernstück der Abteilung Chemische Biologie ist die Erforschung und Beeinflussung von Infektionsprozessen mithilfe von chemischen Substanzen. Komplexe zelluläre Mechanismen werden entziffert, indem die Funktion von Einzelkomponenten der Zelle, zum Beispiel von Signalproteinen oder Enzymen, durch chemische Substanzen entweder ausgeschaltet oder stimuliert wird. Ein weiteres Ziel unserer Aktivitäten ist die Weiterentwicklung dieser Substanzen durch chemische Synthese zu Leitstrukturen und klinischen Kandidaten für die Behandlung von bakteriellen und viralen Infektionen.
Entdeckung neuer Anti-Infektiva und Aufklärung molekularer Wirkmechanismen
Für viele Einzelkomponenten, die im Zusammenspiel – auch im gegenseitigen Kampf – zwischen Wirt und Pathogen eine Rolle spielen, sind keine Inhibitoren oder Stimulatoren bekannt. Das erste Ziel der Abteilung Chemische Biologie ist daher, diese über Screening-Verfahren (3) zu identifizieren. Dazu stehen der Abteilung diverse Substanzkollektionen (ca. 30.000 interne Verbindungen, erweiterbar durch externe Kollektionen) zur Verfügung. Darunter ist die HZI-Naturstoffsammlung als besonders wertvoller und einzigartiger Teil der Substanzkollektion zu nennen.
In unserer Abteilung besteht umfangreiche Expertise in der Entwicklung von phänotypischen Testsystemen mit mittleren Durchsatzgrößen. Beispielsweise wurden Assays zur bakteriellen Biofilm-Bildung (6), der Pathogen-induzierten Porenbildung, Wirt-Pathogen Interaktionen, p27-vermitteltem Signaling sowie zum Wachstum klinisch relevanter bakterieller und viraler Pathogene (z.B. S. aureus, P. aeruginosa, V. cholerae, HCV, HIV, Dengue Virus) etabliert.
Die Aufklärung der molekularen Wirkmechanismen von bioaktiven Substanzen – insbesondere von Naturstoffen – ist der zweite Schwerpunkt der Abteilung "Chemische Biologie". Dazu wurde eine Kaskade von komplementären Verfahren etabliert. Mit Hilfe von Profiling-Assays (4) wird durch eine Mustererkennung im Vergleich zu bekannten Substanzen nach Hinweisen für den Wirkmechanismus gesucht. Dabei werden phänotypische Verfahren wie die Impedanz-Spektroskopie und das High Content Imaging eingesetzt.
Die Zielstruktur eines Inhibitors wird schließlich in ausführlichen Studien zum Wirkmechanismus (4) definiert. Dabei werden chemisch-genetische Interaktionsanalysen mit bakteriellen Mutanten, differentielle Proteomanalysen nach DARTS (Drug Affinity Responsive Target Stability) durchgeführt, aber auch Peptid-Microarrays (5) , chemische Sonden und Metabolomanalysen (2) eingesetzt. Letztere bilden einen Schwerpunkt der Abteilung und dienen neben der Untersuchung von Wirkmechanismen auch zur Analyse von Enzymfunktionen und Biosynthesewegen sowie zur Phänotypisierung von Bakterien und zur Biomarker-Findung in Körperflüssigkeiten von infizierten Menschen und Tieren.
Naturstoffsynthese und Konjugationschemie
Ein weiterer Schwerpunkt der Abteilung liegt auf der Optimierung von Wirkstoffen durch Funktionalisierung. Hybride Antikörper-Wirkstoff-Konjugate wurden kürzlich zur Behandlung von Tumorerkrankungen zugelassen und die ersten Daten weisen auf einen bedeutenden Therapiefortschritt hin. In unserer Abteilung streben wir die Übertragung des Konzepts auf Infektionskrankheiten mithilfe verschiedener Targeting- und Effektor-Formate an, um eine verbesserte bakterielle Penetration (1) zu erreichen und somit der zunehmenden Resistenzbildung und dem daraus resultierenden Mangel an antibiotisch wirksamen Substanzen entgegenzuwirken. Hierfür werden Carrier, das heißt, ausschließlich durch Bakterienaufgenommene Substanzen, über spezifische Linker an einen Wirkstoff konjugiert (Konjugations-Chemie (7)).
Methoden zur Quantifizierung der aufgenommenen Antibiotika-Menge in Bakterien sind komplex und aufwändig, daher wird in der Abteilung „Chemische Biologie“ intensiv an massenspektrometriebasierten Messverfahren geforscht, mit denen sich die Penetration von Wirkstoffen und Wirkstoffkonjugaten (1) beurteilen lässt.
Durch die Entwicklung von Synthesewegen von antibakteriell und antiviral wirksamen Naturstoffen (8) wird zum einen deren Einsatz in der Konjugations-Chemie ermöglicht; zum anderen können die hinsichtlich ihrer Aktivität und ihrer pharmakokinetischen Eigenschaften optimierten Substanzen auch nichtkonjugiert, als typische niedermolekulare Wirkstoffe eingesetzt werden. Ziel der Abteilung ist die Bereitstellung von innovativen, in vivo wirksamen fortgeschrittenen Leitstrukturen.
News
Bachelor- & Masterarbeiten
Sie haben Interesse an einer Bachelor- oder Masterarbeit? Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!