Das Protein IKBNS ist für die Entstehung von Immunzellen von besonderer Bedeutung: Vor zwei Jahren wurde entdeckt, dass sich regulatorische T-Zellen, sogenannte Tregs, nicht bilden, wenn dieses Protein fehlt. Auch bei der Entwicklung einer weiteren Zellart, den Th17-Zellen, spielt IKBNS eine Rolle. Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig konnten zeigen, dass diese Helferzellen zwar auch in Abwesenheit des Proteins gebildet werden, sie aber ihre Wirkung nicht entfalten können. Langfristig könnten die im „Journal of Immunology“ veröffentlichten Ergebnisse bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten helfen.
T-Zellen sind eine Gruppe der weißen Blutkörperchen, die einen wichtigen Beitrag zur körpereigenen Immunantwort leisten. Dabei gibt es verschiedene Typen von T-Zellen, die bei der Immunreaktion unterschiedliche Funktionen einnehmen. Die sogenannten T-Helferzellen steuern beispielsweise die Immunantwort, indem sie das Wachstum und die Ausbildung von Immunzellen anregen. Dies geschieht über die Ausschüttung von besonderen Botenstoffen, den Zytokinen. Eine besondere Form dieser T-Helferzellen sind die sogenannten Th17-Zellen, die das Zytokin Interleukin-17 produzieren.
Diese Zellen spielen zum einen eine wichtige Rolle bei der Abwehr extrazellulärer Pathogene wie beispielsweise Bakterien, können aber auf der anderen Seite auch einen negativen Effekt haben. „Bei Autoimmunkrankheiten fördern sie die Schädigung des Gewebes“, sagt Prof. Ingo Schmitz, Leiter der Arbeitsgruppe „Systemorientierte Immunologie und Entzündungsforschung“ am HZI. „Deshalb ist es spannend zu erfahren, wie genau und wodurch sie gebildet werden“.
Bei der Suche nach der Lösung verfolgte er, gemeinsam mit Kollegen vom Twincore in Hannover und der Charité in Berlin, einen bereits von anderen T-Zellen bekannten Ansatz. „Wir haben vor zwei Jahren zeigen können, dass das Protein IKBNS eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tregs spielt“, sagt Schmitz. Schaltet man das Protein aus, werden keine Tregs mehr produziert. Sie regulieren die Immunantwort nicht mehr und es kommt im schlimmsten Fall zu erheblichen Überreaktionen des Abwehrsystems. Die Ergebnisse der Forscher zeigen: Bei Th17-Zellen ist das anders.
„Selbst wenn IKBNS komplett ausgeschaltet wird, können sich die Th17-Zellen noch ausbilden. Wir konnten aber beobachten, dass sich die Zellen langsamer vermehren und insgesamt weniger Zytokine produzieren“, sagt Schmitz. Das wirkt sich auf die Effektivität der Th17-Zellen aus: War IKBNS im Mausmodell abgeschaltet, entwickelten sich während einer chronischen Darmentzündung keine Th17 Zellen mehr. Außerdem fiel die Immunantwort gegenüber Citrobacter rodentium, das mit human-pathogenen E. coli-Bakterien verwandt ist, vermindert aus und die Bakterien überlebten.
Während IKBNS also anders als bei den Tregs nicht allein für die Ausbildung von Th17-Zellen verantwortlich ist, nimmt es dennoch entscheidenden Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Immunzellen.
„Langfristig könnten uns diese Erkenntnisse dabei helfen, Ansatzpunkte für die Bekämpfung von Autoimmun- und Infektionskrankheiten zu finden. Wenn es gelingt, IKBNS gezielt in bestimmten T-Zellen zu manipulieren, könnte man die Immunantwort so maßschneidern, dass die entsprechende Infektion beziehungsweise Autoimmunkrankheit bekämpft wird“, sagt Schmitz. Daran wird im Rahmen des an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg ansässigen Sonderforschungsbereichs „Molekulare Organisation der zellulären Kommunikation im Immunsystem“ (SFB 854) weiter geforscht.
Originalpublikation:
Michaela Annemann, Zuobai Wang, Carlos Plaza-Sirvent, Rainer Glauben, Marc Schuster, Frida Ewald Sander, Panagiota Mamareli, Anja A. Kühl, Britta Siegmund, Matthias Lochner and Ingo Schmitz (2015). IκBNS Regulates Murine Th17 Differentiation during Gut Inflammation and Infection. The Journal of Immunology, DOI: 10.4049/jimmunol.1401964.