Laborproben in einem Messgerät
Unsichtbares sichtbar machen - Moleküle im Fokus moderner Analytik der Massenspektrometrie
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Wie ein Molekül durch Raum und Zeit wandert und unsere Immunantwort beeinflusst

Forschende aus Braunschweig und San Diego verfolgen den Weg des kleinen Moleküls Itaconat, um seine immunmodulatorische Funktion zu verstehen

Itaconat ist ein kleines Molekül, das unser Körper produziert, um Bakterien zu bekämpfen und die Immunreaktion zu steuern. Welche Rolle Itaconat bei der Regulierung des Stoffwechsels spielt und wie genau es sich im Körper bewegt, haben Forscher:innen aus Braunschweig und San Diego untersucht – unter Leitung von Prof. Thekla Cordes, Expertin für Zellstoffwechsel an der TU Braunschweig, dem Braunschweig Integrated Centre of Systems Biology (BRICS) und dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), gemeinsam mit Prof. Christian Metallo vom Salk Institute for Biological Studies (USA) sowie Kolleg:innen der University of California, San Diego (USA). Die Ergebnisse, die nun im Fachmagazin Nature Metabolism erschienen sind, eröffnen neue Ansätze für die Behandlung von Entzündungskrankheiten.

 

GPS-Tracker für Moleküle

„Wir wissen, dass Zellen große Mengen Itaconat bilden, um Immunreaktionen zu modulieren. Doch nutzen sie es auch, um ihren Stoffwechsel anzutreiben?“, erklärt Cordes. Um das herauszufinden, setzte das Team auf ein Verfahren, das einem GPS-Tracker für Moleküle gleicht: Speziell markiertes Itaconat wurde mithilfe stabiler Isotopen-Tracer-Technologie und Massenspektrometrie im Körper verfolgt. „Damit können wir die Reise von Itaconat nachvollziehen – ähnlich wie die Route eines Autos mit GPS“, sagt Hanna Willenbockel, Erstautorin der Studie und Mitglied im Cordes-Team.

Ein Stoff mit vielen Rollen

Die Analysen zeigten: Der größte Teil des Itaconats wird rasch über die Nieren ausgeschieden. Ein Teil jedoch wird in zentrale Stoffwechselprodukte wie Acetyl-CoA und Mesaconat umgewandelt und in den Zitronensäurezyklus der Mitochondrien eingespeist. Außerdem entsteht Itaconyl-Coenzym A, das Enzyme beeinflusst, die an Energieproduktion und Aminosäureverarbeitung beteiligt sind.

Frühere Arbeiten des Teams hatten bereits gezeigt, dass Itaconat das Enzym Succinatdehydrogenase vorübergehend hemmt – ein Mechanismus, der Zellen vor schädlichen Reoxygenierungsprozessen schützt. Die neuen pharmakokinetischen Daten verdeutlichen nun, wie dynamisch Itaconat Enzyme und Stoffwechselwege reguliert.

„Weltweit prüfen Forschende, ob Itaconat zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden könnte. Unsere Ergebnisse liefern wichtige Grundlagen, um künftig gezieltere Therapien zu entwickeln“, betont Cordes. Die Forscher:innen warnen jedoch davor, dass es verfrüht ist, Itaconat-Präparate zur Beeinflussung der Immunantwort einzunehmen, und dass weitere Studien erforderlich sind, die mehrere Jahre dauern können.

Originalpressemitteilung

Originalpressemitteilung der Technischen Universität Braunschweig

Originalpublikation

Willenbockel, H.F., Williams, A.T., Lucas, A. et al. In vivo itaconate tracing reveals degradation pathway and turnover kinetics. Nature Metabolism (2025). DOI: 10.1038/s42255-025-01363-1.

Charlotte Schwenner

Pressekontakt

Dr. Charlotte Schwenner
Wissenschaftsredakteurin