Research Foci

Die Research Foci widmen sich der Beantwortung drängender, klinisch relevanter Fragestellungen in der Infektionsforschung. Eine zentrale Rolle spielt dabei die synergistische Zusammenarbeit innerhalb des Zentrums, in der alle drei Forschungsschwerpunkte ihr Know-how einbringen. Darüber hinaus profitieren die Research Foci von den Stärken und Kompetenzen der Kooperationspartner des HZI. Sie ermöglichen es, neu entstehenden Herausforderungen durch sich schnell wandelnde Erreger zu begegnen und bei Bedarf neue Forschungsthemen zu integrieren.

AMR

Antimikrobielle Resistenz

Grüne stäbchenförmige Bakterien
Pseudomonas aeruginosa

Das zunehmende Auftreten von Antibiotikaresistenzen stellt eine ernste Herausforderung für Medizin und Gesellschaft dar, insbesondere angesichts der Knappheit neuer vielversprechender Wirkstoffe. Wissenschaftler:innen im Research Focus „Antimikrobielle Resistenz“ (AMR) kombinieren Expertise aus verschiedenen Fachgebieten und langjährige Erfahrung in der Industrie oder in Forschungskooperationen, um diese Herausforderungen anzugehen. Dabei verfolgen sie eine breit angelegte Strategie. Sie erforschen die molekularen Mechanismen, die Resistenzen verursachen, und entwickeln innovative Strategien gegen Krankheitserreger, insbesondere durch die Identifizierung und Optimierung neuartiger Antiinfektiva.

 Die wichtigsten Fragen, die Wissenschaftler:innen im Research Focus „Antimikrobielle Resistenz“ lösen wollen, sind:

  • Können Resistenzen frühzeitig erkannt werden, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen?
  • Wie können wir neue Medikamente gegen resistente Krankheitserreger finden?
  • Können wir bestehende Therapien optimieren und bereits zugelassene Antibiotika effektiver einsetzen?
  • Wie können antimikrobielle Wirkstoffe ihre Ziele im Körper effizienter erreichen?

Sprecherin des RF AMR: Prof. Dr. Olga Kalinina
Stellvertreterin: Prof. Dr. Susanne Häußler

MICO

Mikrobielle Gemeinschaften

Invasion von Bakterien in eine Zelle
Invasion von Yersinia enterocolitica in humane Epithelzelle

Der Research Focus „Mikrobielle Gemeinschaften“ befasst sich mit den komplexen Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern, dem Immunsystem und der Mikrobiota – der Gesamtheit der mit dem Menschen vergesellschafteten Bakterien im Darm und anderen Teilen des Körpers. Um dieses Wechselspiel zu verstehen und es künftig für medizinische Zwecke beeinflussen zu können, nutzen Wissenschaftler:innen des Research Focus innovative Ansätze zur Charakterisierung von Mikroorganismen. Dazu zählen etwa RNA-basierte Technologien, die Entwicklung komplexer Wirt-Mikroben-Interaktionsmodelle und Einzelzellanalysen.

Zu den wichtigsten Fragen, die im Research Focus MICO behandelt werden, gehören:

  • Wie entwickelt sich die mikrobielle Gemeinschaft im menschlichen Körper, zum Beispiel im Darm?
  • Wie beeinflusst sie Anfälligkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen?
  • Wie kommunizieren Mikrobiota und Krankheitserreger miteinander und mit ihrem Wirt?
  • Welche Bakterienarten sind für die Funktion des Darms unerlässlich?
  • Wie können wir Schäden an der Mikrobiota verhindern oder ihre Funktion wiederherstellen?
  • Wie können wir mithilfe der Mikrobiota neue biologisch wirksame Moleküle (Proteine, RNA) entdecken?
  • Wie können wir das Mikrobiom gezielt für therapeutische Zwecke beeinflussen, etwa durch „Microbiome editing“?

Sprecher des RF MICO: Prof. Jörg Vogel
Stellvertreter: Prof. Till Strowig

CVIR

Chronisch virale Infektionen

Grafik Hepatitis C-Virus
Grafische Darstellung des Hepatitis C-Virus

Chronische Infektionen durch Hepatitis- und Herpesviren verursachen weltweit eine erhebliche Krankheitslast. Seit kurzem stehen wirksame Medikamente zur Behandlung von Hepatitis-C-Virus-(HCV)-Infektionen zur Verfügung, doch es bleibt eine Herausforderung, sie allen Menschen zugänglich zu machen, die sie benötigen. Die Wirksamkeit von Therapien gegen Cytomegalie-Viren  (CMV) wird durch Nebenwirkungen und durch die Entstehung von Resistenzen eingeschränkt. Weder gegen HCV noch gegen CMV existieren wirksame Impfungen, und das Verständnis der grundlegenden Mechanismen von Krankheitsentstehung, Immunabwehr und viraler Evasion – der Strategien, mit denen Viren sich dem Immunsystem entziehen – ist unvollständig.

Der Research Focus „Chronisch virale Infektionen“ (CVIR) analysiert Prozesse, die für chronische Infektionen mit HCV und CMV verantwortlich sind, und untersucht Mechanismen der Immunkontrolle und der Virusevasion.

Die wichtigsten Fragen für Wissenschaftler in Research Focus CVIR sind:

  • Welche viralen und zellulären Faktoren bestimmen den Verlauf der Infektion und was ist ihr Wirkmechanismus?
  • Durch welche Mechanismen können Antikörper vor chronischen Infektionen schützen?
  • Wie vermeiden, hemmen oder nutzen HCV und CMV diese Mechanismen für ihre Zwecke?
  • Welche Impf-Ansätze erzeugen einen dauerhaften Schutz durch Immunität?

Sprecherin des RF CVIR: Prof. Melanie Brinkmann
Stellvertreterin: Prof. Dagmar Wirth

INDI

Individualisierte Immuninterventionen

Stimulation von T-Zellen
Stimulation von T-Zellen

Für viele Infektionskrankheiten gibt es weder wirksame Therapien noch effiziente Impfstoffe. Dies gilt insbesondere für Menschen, die besonders anfällig für schwere Krankheitsverläufe sind oder schlecht auf Therapiemaßnahmen ansprechen. Wissenschaftler:innen im Research Focus „Individualisierte Immuninterventionen“ arbeiten in experimentellen und klinischen Forschungsprojekten daran, vorhandene Wissenslücken zu schließen und immunbasierte Ansätze zur Prävention oder Behandlung von Infektionen bei Hochrisikopatient:innen zu entwickeln. Ihre Forschung trägt zu einem besseren Verständnis der Immunreaktionen auf Infektionen und Impfungen bei.

Die wichtigsten Fragen für den Research Focus INDI sind:

  • Warum reagieren Menschen so unterschiedlich auf Infektionen, Impfungen und Therapien? Welche Rolle spielen dabei angeborene Eigenschaften – und welche Einflüsse sind umweltabhängig?
  • Wie kann die Untersuchung besonders anfälliger Menschen helfen, neue immunbasierte Behandlungsmethoden zu entwickeln?
  • Welche Faktoren können die Wirksamkeit von Immunantworten voraussagen?
  • Wie sollten Impfstoffe und Immuntherapien entwickelt werden, um einen möglichst hohen Schutz für besonders gefährdete Personen und Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten?

Sprecher des RF INDI: Prof. Jochen Hühn
Stellvertreter: Prof. Markus Cornberg

EPI

Digitale und globale Gesundheit

Demonstration der Anwendung SORMAS
Digitale Gesundheitsanwendung SORMAS

Der Research Focus „Digitale und globale Gesundheit“ – kurz: „EPI“ für Epidemiologie – beschäftigt sich mit Ausbreitung und Verlauf von Infektionskrankheiten auf der Ebene von Gruppen und Bevölkerungen. Es werden Problemlösungen für die öffentliche Gesundheit entwickelt. Die vom HZI koordinierte Entwicklung von SORMAS, eines auf mobilen Endgeräten genutzten Tools für die Seuchenkontrolle, trägt bereits jetzt zur Bekämpfung von Epidemien in Afrika bei. Es wird darüber hinaus das Verständnis davon, wie sich Infektionen ausbreiten, verbessern. Das HZI wird die Entwicklung weiterer Mobile-Health- oder "mHealth"-Technologien vorantreiben, die mobile elektronische Geräte für die Infektionsforschung einsetzen.  Innerhalb der NAKO Gesundheitsstudie und darüber hinaus sollen mit diesen Anwendungen Zusammenhänge zwischen Infektionen und nicht übertragbaren Krankheiten untersucht werden.

Die wichtigsten Fragen, an denen Wissenschaftler:innen im RF EPI arbeiten, sind:

  • Wie können wir die globale Gesundheitssicherheit und die Pandemievorsorge verbessern?
  • Wie können Anwendungen für digitale und mobile Geräte die Prävention, Behandlung und Rehabilitation von Infektionen verbessern?
  • Welche kausalen Zusammenhänge zwischen Infektionen und nicht-infektiösen Krankheiten gibt es - und können sie neue Kontrollansätze eröffnen?

Sprecherin des RF EPI: Dr. Stefanie Castell
Stellvertreterin: Dr. Berit Lange (kommissarisch)

INEU

Infektionen und Neurodegeneration

Mikroskopische Aufnahme von Alzheimer-Plaques
Blick in das Gehirn einer „Alzheimer-Maus“

Infektionen und entzündliche Prozesse können sich auch auf das Zentrale Nervensystem (ZNS) auswirken. Das Verständnis der Wechselwirkungen von Immunsystem und Nervensystem ist jedoch in vielfacher Hinsicht noch sehr lückenhaft.

Durch interdisziplinäre Forschungsansätze sollen im Research Focus „Infektionen und Neurodegeneration“ (INEU) die komplexen Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern, (Neuro-)Inflammation und funktionellen Auswirkungen auf die Gehirngesundheit charakterisiert werden.

INEU verfolgt das Ziel, die Mechanismen der Erreger-Abwehr im Gehirn und die Rolle von Infektionen bei Entstehung und Verlauf altersbedingter neurodegenerativer Erkrankungen wie etwa Morbus Alzheimer oder der Parkinson-Erkrankung aufzuklären. Dazu steht der Research Focus in engem Austausch mit Expert/innen der TU Braunschweig, der MHH und des DZNE. Darüber hinaus wird der Einfluss der spezifischen Darm-Mikrobiota sowie des Stoffwechsel-Gleichgewichts (metabolische Homöostase) auf Prozesse im ZNS erforscht. Die Erkenntnisse sollen unter anderem zur Entdeckung frühzeitig nachweisbarer Biomarker für neurodegenerative Erkrankungen und zur Entwicklung personalisierter Therapien beitragen.

Die wichtigsten Fragen für den Research Focus INEU sind:

  • Welche Rolle spielen Infektionen und damit einhergehende entzündliche Reaktionen für die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen?
  • Wie wirken sich Störungen des metabolischen Gleichgewichts auf die entsprechenden Krankheitsbilder aus?
  • Wie hängt die spezifische Mikroorganismen-Flora (Mikrobiota) des Körpers mit Prozessen im ZNS zusammen?
  • Welche frühen Biomarker lassen sich bei einer beginnenden neurodegenerativen Erkrankung nachweisen? Welche möglichen Therapieansätze gibt es und welche Präventionsmaßnahmen sind im Hinblick auf den einzelnen Patienten anzustreben?

Sprecher des RF INEU: Prof. Ulrich Kalinke
Stellvertreter: Prof. Martin Korte

RVIR

Respiratorische virale Infektionen

Virale Atemwegsinfektion
Virale Infektion der Atemwege

Die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 belegt nachdrücklich die globale gesundheitliche Bedrohung durch virale Atemwegs-Infektionen. Auch vor der Covid-19-Pandemie verursachten virale Erreger, die über das respiratorische System in den menschlichen Körper gelangen, weltweite Erkrankungswellen, etwa die jährliche Grippe (Influenza).

Der Research Focus RVIR des HZI konzentriert sich auf Infektionen durch das Influenza-A-Virus, Corona-Viren wie SARS-CoV-2 sowie das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Gemeinsam mit universitären Partnern untersuchen HZI-Wissenschaftler:innen Risikofaktoren und Marker für schwere Verlaufsformen dieser Infektionen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Co-Infektionen, also Fällen, in denen der Wirtsorganismus sowohl Bakterien als auch Viren abwehren muss.

Die gewonnenen Erkenntnisse nutzen die HZI-Forscher:innen für die Entwicklung neuer Diagnostik-Verfahren und Interventionen. Dabei arbeiten sie sowohl an antikörper- und wirkstoffbasierten Therapien als auch an Impfstrategien. Mithilfe bioinformatischer und experimenteller Methoden identifizieren und validieren sie aussagekräftige Biomarker und erarbeiten Empfehlungen für die bestmögliche Zusammensetzung saisonaler Impfstoffe. Dazu werden unter anderem neue digitale Systeme für die Überwachung von Krankheitsausbrüchen entwickelt und mit mathematischer Modellierung kombiniert.

Die wichtigsten Fragen für den Research Focus RVIR sind:

  • Wie lässt sich die Ausbreitung neu auftretender Erreger mit pandemischem Potenzial besser vorhersagen?
  • Wie kann man die schnelle Verbreitung viraler Atemwegs-Infektionen kontrollieren und eindämmen?
  • Welche neuen Präventions- und Behandlungsmethoden lasen sich gegen respiratorische Viren einsetzen?

Sprecher des RF RVIR: Dr. Antoine-Emmanuel Saliba
Stellvertreterin: Prof. Dunja Bruder