Wissenschaftlerin pipettiert in Eppendorf Tubes.

Adaptive Infektionskrankheiten-Diagnostik

Das Team „Adaptive Infektionskrankheiten-Diagnostik“ fokussiert sich auf die Entwicklung von nichtinvasiven, leicht anwendbaren Bioprobeentnahmetechnologien und die Etablierung von multiplex-basierten Diagnosesystemen zum molekularen und immunologischen Erregernachweis. Durch die Kombination dieser beiden Forschungsschwerpunkte werden sowohl neue Biomaterialen als auch informationsreichere biologische Datensätze für epidemiologische Studien, die die Häufigkeit von Infektionskrankheiten und deren Risikofaktoren, den Immunstatus einer Population oder von Individuen oder den Einfluss von (nicht)pharmazeutischer Interventionsmaßnahmen auf Krankheitslast und -übertragungen untersuchen, zur Verfügung gestellt.

Das Team Adaptive Infektionskrankheiten-Diagnostik ist Teil der Abteilung Epidemiologie.

Dr. Vanessa Melhorn

Leitung

Dr. Vanessa Melhorn
Teamleitung

Unsere Forschung

Multiplex-basierte Charakterisierung von Immunantworten

Serologische Immunnachweisverfahren finden in infektionsepidemiologischen Studien Anwendung, um zurückliegende Expositionen mit Krankheitserregern in der Bevölkerung festzustellen, werden aber auch dafür eingesetzt, um die Rolle von Antikörpern im Krankheitsverlauf zu verstehen oder unterstützen die Entwicklung von neuen Therapeutika und Impfstoffen. Anstelle von konventionellen Einzelanalyt-Verfahren, fokussiert sich unsere Arbeit auf die Entwicklung von ressourcen- und zeitsparenden Bead-basierten Multiplexnachweisverfahren. Durch die Nutzung von magnetischen Luminex-Beads, welche durch die Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen in unterscheidbare Gruppen aufgetrennt werden, ist die parallele Analyse von bis zu 500 Messpunkten möglich. Außerdem benötigen Multiplexverfahren nur ein geringes Probenvolumen und sind deshalb ideal für den Einsatz in Studien, bei denen nur wenig Probenmaterial gewonnen werden kann. Ein besonderer Schwerpunkt unserer Entwicklungsarbeit liegt dabei in der Differenzierung von impf- und infektionsinduzierten Antikörperantworten.

Direkt nach dem Auftreten von SARS-CoV-2 im Jahr 2020 wurde MULTICOV-AB™ entwickelt. Die Kombination aus trimerem SARS-CoV-2 Spikeprotein, seiner S1-, S2- und Rezeptorbindungs-Domäne und dem Nukleokapsidprotein erlaubt eine grundlegende Charakterisierung von Antikörperantworten nach Impfungen oder Infektionen. Die Verwendung von S1- und Nukleokapsid-Antigenen der saisonalen Coronaviren NL63, HKU1, OC43 und 229E ermöglicht zusätzlich die Analyse von Kreuzimmunitäten. MULTICOV-AB™ kann mittlerweile neben der Messung von humanen Seren und Plasmen auch mit Speichel verwendet werden und ermöglicht so einen Einblick in die Immunabwehr an der Eintrittsstelle von SARS-CoV-2 in den Organismus. Außerdem steht mittlerweile RBDCoV-ACE2, ein kompetitiver zell- und virusloser Inhibitions-Assay zur funktionalen Analyse von SARS-CoV-2 Antikörpern und deren Kapazität, die Bindung zwischen ACE2 und der Rezeptorbindungsdomäne von verschiedenen Virusvarianten zu blockieren, zur Verfügung. Beide komplementären Immuno-Assays wurden seit dem Beginn der COVID-19 Pandemie in einer Vielzahl von Studien eingesetzt. Beispielsweise im Rahmen von Haushaltsübertragungsstudien (Beispiel Studie 1Beispiel Studie 2), oder von SARS-CoV-2 Seroprävalenzstudien in DeutschlandNepal und Kolumbien. Nach der Zulassung von mehreren SARS-CoV-2 Impfstoffen wurden beide Verfahren dann verstärkt zur Analyse von Impfantworten nach verschiedenen SARS-CoV-2 Immunisierungen in der Allgemeinbevölkerung oder in Risikogruppen für einen schweren COVID-19 Verlauf eingesetzt. Darüber hinaus werden die Antigenpanel beider Assays aufgrund der hohen Mutationsrate von SARS-CoV-2 kontinuierlich um Rezeptorbindedomänen neuer Varianten erweitert.

Mit der Expertise und den Erkenntnissen aus der Entwicklung von MULTICOV-AB™ und RBDCoV-ACE2 arbeiten wir zur Zeit an der Entwicklung weiterer multiplex-basierterAntikörpernachweisverfahren gegen Erreger anderer Atemwegsinfektionen wie RSV und Influenzavirus, welche u. a. in RESPINOW eingesetzt werden, einem von Berit Lange geleiteten Modellierungskonsortium, welches die mittel- und langfristigen Auswirkungen nicht-pharmazeutischer Interventionen, die während der COVID-19 Pandemie angewendet wurden, auf andere Atemwegsinfektionen erforscht. Außerdem sind multiplex-basierte Antikörpernachweisverfahren für die Erreger der viralen Hepatitis A-D und des Masern-, Mumps-, Varizellen- und Rötelnvirus in der Entwicklung. Durch die im Assay-Design verankerte Differenzierung von Impf- und Infektionsantikörpern können diese von uns entwickelten Nachweisverfahren valide und reproduzierbare Indikatoren über die Effizienz von Impfkampagnen in populations-basierten Serosurveys unabhängig von Impfregistern oder -nachweisen liefern und Aussagen über die Infektionsprävalenz unabhängig von gezielter molekularer Surveillance machen. Neben der Entwicklung von Immuno-Assays zur Analyse von Antikörperbindungsprofilen sollen in der Zukunft außerdem weitere Verfahren etabliert werden, welche gezielt die Analyse von funktionalen Aspekte von Antikörperantikörperantworten wie Neutralisierungsstärke und Fc-vermittelte Effekte in einem zell- und virusfreiem Kontext erlauben.

Partner: NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität TübingenKlinik für Rheumatologie und Immunologie der Medizinischen HochschuleHannover Unified BiobankNiedersächsisches Landesgesundheitsamt, Luxembourg Institute of Health, Technologieplattform Rekombinante Proteinexpression des HZI

Finanzierung: Helmholtz-Gemeinschaft, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Europäische Union

Neue Ansätze in der Entnahme, Konservierung und Stabilisierung von Bioproben

Infektionsepidemiologische Studien sind für aussagekräftige und belastbare Ergebnisse auf hochwertige Biomaterialien angewiesen. Aufgrund der Etablierung neuer Technologien hat sich der Wissenstand zu molekularen und immunologischen Nachweistechnologien aber wesentlich schneller entwickelt als der Bereich der eigentlichen Bioprobenentnahme, deshalb entwickeln wir neue Konzepte und Geräte zur (Selbst)beprobung von Studienteilnehmern. Diese basieren auf neuen Ansätzen zur Probenentnahme, um Infektionserreger aus den tiefen Atemwegen nicht-invasiv und mit dem Einsatz minimaler Ressourcen verglichen zum momentanen Standardverfahren der Bronchoskopie zu gewinnen (PADFEX - Nicht invasive Erregersammlung aus den tiefen Atemwegen). Darüber hinaus spielt auch die Entwicklung von Konservierungs- und Stabilisierungsmethoden, die die Qualität von Biomaterialien verbessern, die außerhalb von streng kontrollierten, hochgradig standardisierten Studienbedingungen gesammelt werden müssen, eine Rolle (Studie). Diese Neuentwicklungen erfolgen dabei interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Experten aus natur-, ingenieur- und materialwissenschaftlichen Fachrichtungen.

Partner: Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule HannoverInstitut für Funktionelle Grenzflächen am Karlsruher Institut für Technologie, Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, Institut für Produktionstechnik an der Ostfalia Hochschule für Angewandte WissenschaftenNiedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Finanzierung: Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Pre4D-Fond des Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung