Patient mit Grippe
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Grippe 2017: Experten des HZI geben eine Einschätzung der Lage und erklären die Ursachen

In Niedersachsen ist in den kommenden Wochen mit einem weiteren Anstieg zu rechnen

Die Grippewelle ist da. Deutschland schnieft und hustet. Zehntausende leiden auch 2017 wieder unter der Grippe. Die Bundesländer Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen waren zuletzt besonders von den Infekten betroffen. Allein in der vergangenen Meldewoche sind rund 14.000 bestätigte Fälle von Influenza und 32 größere Ausbrüche an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt worden.


Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie, und Prof. Carlos A. Guzmán, Leiter der Abteilung Vakzinologie, vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig äußern sich zur aktuellen Lage und zu den Hintergründen.

1. Welcher Verlauf der Grippe wird erwartet? Wann ist der Höhepunkt erreicht?
<link 4917 - link-intern>Prof. Gérard Krause</link>: „Die Grippewelle hat im Vergleich zu den Vorjahren früher begonnen und weist jetzt bereits mehr Fälle pro Woche auf als beim Gipfel der letztjährigen Saison. Ob auch der wöchentliche Gipfel der besonders ausgeprägten Saison 2014/15 erreicht beziehungsweise überschritten wird, können wir noch nicht abschätzen. Wie schon häufig, hat die Influenzawelle auch in diesem Jahr in Süddeutschland begonnen, in Niedersachsen ist also mit einem weiteren Anstieg in den kommenden Wochen zu rechnen.“

2. Welche Virenstämme sind es diesmal?
Krause: „Der Virusstamm, der in dieser Saison dominiert, ist der Influenza-Subtyp H3N2, der auch im aktuellen Impfstoff enthalten ist. Neben Influenza erkranken jedoch aktuell auch viele Menschen am Respiratorischen Syncitialvirus (RSV), das Atemwegserkrankungen vor allem bei Senioren und Kleinkindern auslöst.“

<link 5105 - link-intern>Prof. Carlos A. Guzmán</link>: „In Europa ist das H3N2-Virus für etwa 96 Prozent der Influenza-Infektionen verantwortlich.“ (<link flunewseurope.org _blank link-extern>http://flunewseurope.org/</link>)

3. Welche Bevölkerungsgruppen trifft es besonders schwer und warum? Gibt es Unterschiede zu den Vorjahren?
Guzmán: „Das derzeit zirkulierende H3N2-Virus ist dafür bekannt, dass es gerade bei älteren Menschen zu schweren Krankheitsverläufen führt. Bis zu 94 Prozent der Todesfälle wurden bei Menschen ab 60 Jahren beobachtet.“

Krause: „Die aktuellen Daten des RKI zeigen allerdings auch, dass derzeit besonders viele Arztbesuche von null- bis vierjährigen Patienten erfolgen.“

4. Was unterscheidet eine einfache Erkältung von einer Grippe?
Krause: „Eine echte Grippe wird durch hoch ansteckende Influenza-Viren ausgelöst. Typisch ist für sie ein plötzlicher Krankheitsbeginn mit hohem Fieber, das bis auf über 40 Grad steigen kann, und Symptomen wie Halsschmerzen, trockenem Husten und heftigen Kopf-, Muskel- und/oder Gliederschmerzen. Eine Erkältung klingt dagegen im Normalfall bereits nach einer Woche wieder ab. In der Regel können Erkrankte mit Schleimlösern, bekannten Hausmitteln wie Salbeitee, Lindenblütentee, Inhalationen mit Kamille oder Salzwasser und vor allem Bettruhe auskuriert werden.“

5. Passt der aktuelle Grippeimpfstoff zur aktuellen Situation?
Guzmán: „Der aktuelle Impfstoff enthält neben H3N2-Antigenen auch solche für das Influenza-Virus H1N1 sowie einige Antigene für Influenza B-Arten. Damit sind Menschen, die schon geimpft wurden oder den Impfstoff jetzt erhalten, nicht nur gegen den in dieser Saison dominanten H3N2-Virus geschützt, sondern auch gegen Arten, die vielleicht noch später in der Grippesaison zirkulieren. Es wird oft beobachtet, dass Influenza B seinen Höhepunkt zu einem späteren Zeitpunkt aufweist.“

6. Ist eine Grippeimpfung jetzt noch sinnvoll?
Krause: „Eine Grippeschutzimpfung kann noch sinnvoll sein, auch wenn der Aufbau des Impfschutzes etwa 14 Tage dauert. Eine Impfung wird empfohlen für alle Menschen über 60 Jahre, für Menschen mit chronischen Erkrankungen, durch die eine Ansteckung mit der Grippe wahrscheinlicher oder deren Verlauf möglicherweise schwerer ist, sowie für medizinisches und Pflegepersonal.“

7. Lassen sich Risikogruppen immer noch zu wenig impfen?
Krause: „Die speziellen Alters- und Risikogruppen müssen noch gezielter angesprochen werden. Laut RKI lassen sich nur die Hälfte der über 60-Jährigen und 24 Prozent der chronisch Kranken zwischen 18 und 59 impfen, obwohl sie besonders gefährdet sind. Ärzte sollten deshalb ihre Risiko-Patienten aktiver zum Impfen einladen.“

Guzmán: „Auch für alle Schwangeren ist die Impfung ab dem zweiten Trimenon empfohlen, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens schon ab dem ersten Trimenon.”

8. Welche Hygieneregeln sind zu beachten?
Krause: „Eine Ansteckung erfolgt überwiegend durch virushaltige Tröpfchen, wenn sie insbesondere beim Husten oder Niesen von Erkrankten ausgeschieden werden und über eine geringe Distanz auf die Schleimhäute der Atemwege von empfänglichen Personen gelangen. Darüber hinaus ist eine Übertragung auch über Hände und Oberflächen möglich, die durch virushaltige Sekrete verunreinigt sind, wenn die Hand anschließend Kontakt zu Mund oder Nase hat. Um niemanden mit der Grippe anzustecken, sollte man Einweg-Taschentücher verwenden, in den Ärmel husten und die Hände gründlich waschen.“

Weiterführende Links:
<link www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.html;jsessionid=6A5493DEBA62955AF633349B4632D051.2_cid372 _blank link-extern>FAQ zur saisonalen Influenza-Impfung (RKI)</link>
<link www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Influenza/FAQ_Liste.html;jsessionid=6A5493DEBA62955AF633349B4632D051.2_cid372 _blank link-extern>FAQ zur Grippe (RKI)</link>