Chemische Biologie der Kohlenhydrate

Pseudomonas aeruginosa ist allgegenwärtig, krankheitserregend und lebt in schleimigen Lebensgemeinschaften, sogenannten Biofilmen. Etwa 90 Prozent der Mukoviszidose-Patienten sterben an diesem Keim. Außerdem hat sich das Bakterium zu einem der Hauptverursacher von Krankenhausinfektionen entwickelt. Die Behandlung ist problematisch, denn durch sein Leben im Biofilm ist der Keim gut vor dem Immunsystem und auch vor Antibiotika geschützt. Zudem bildet er zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika aus. Unsere Wissenschaftler entwickeln Substanzen, die diese Biofilme auflösen sollen und damit P. aeruginosa angreifbar machen. Diese Gruppe hat ihren Sitz am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).

Leitung

SIALOMIMETIC VIRAL ENTRY INHIBITORS - A ROUTE TOWARDS THE FIRST TREATMENTS FOR NEGLECTED HUMAN AND EMERGING ZOONOTIC VIRUSES (ALEXANDER TITZ & DOMINIQUE SCHOLS)

Zoonotic viruses can rapidly emerge from animals and transmit to humans as has been well documented for various avian/porcine influenza and bat corona viruses. It has now been observed repeatedly that these animal-to-human transmissions can result in a pandemic causing millions of deaths and a massive economic burden for humanity. All those pandemic viruses and numerous other classes of human viruses exploit animal and human sialic acid receptors for transmission and infection. Therefore, viral entry inhibitors interfering with this process are of broad interest. In this early discovery project, the development of novel sialomimetic therapeutics will be established. After initial validation using known viruses with known and distinct sialic acid binding specificity, the platform will then be applied onto viruses with reported but unexplored sialic acid binding, i.e. Parainfluenza, Zika and BK Polyoma Viruses, all of which currently lack drugs or vaccines. This pipeline will therefore yield sialomimetic entry inhibitors for the treatment of viral infections with clinical need, and importantly, the established workflow will serve as an important platform in the scope of Pandemic Preparedness.

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KOHLENHYDRATKONJUGATE ALS TROJANISCHE PFERDE ZUR VERBESSERUNG DER ANTIBIOTIKAAUFNAHME

Die rasche Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen ist eine große Bedrohung für die individuelle und öffentliche Gesundheit. Daher werden dringend neue Behandlungsmethoden zur Bekämpfung der sich schnell ausbreitenden multiresistenten Bakterien benötigt. Die ESKAPE-Erreger, zu denen grampositive und gramnegative Bakterien gehören, stehen an vorderster Front dieser lebensbedrohlichen, resistenten nosokomialen Krankheitserreger. In diesem Projekt zielen wir darauf ab, antimikrobielle Resistenzen zu überwinden, indem wir energiegetriebene Kohlenhydrattransportsysteme (PTS- und ABC- Transporter) benutzen um Kohlenhydrat-Antibiotika-Konjugate aktiv in Bakterien zu pumpen. Diese Transporter sind in der Lage, intrazellulär mM-Konzentrationen ihrer Substrate zu akkumulieren. Das Hauptziel des CO-TEAM-Projekts besteht darin, herauszufinden, ob PTS- und ABC-Transporter auch die intrazellulären Konzentrationen der Kohlenhydrat-Antibiotika-Konjugate erhöhen und somit als trojanische Pferde gegen multiresistente Bakterien dienen können. Sobald die Konjugate internalisiert sind, werden die aktiven antibiotischen Verbindungen durch zelluläre Glykosidasen freigesetzt. Die ausgewählten Kohlenhydrat-Trägermoleküle dienen nicht als Substrate für Säugetierzellen wohl aber für Bakterien, was eine wichtige Grundlage zur Selektivität darstellt. Weiterhin zeigen unsere Vorarbeiten, dass die Expression der Transporter dieser Kohlenhydrate unter Infektionsbedingungen signifikant induziert werden. Zuerst werden 4 versch. Oligosaccharid-Konjugate, die 6 versch. Antibiotika aus 4 Klassen beinhalten, in Saarbrücken synthetisiert. Die Herausforderung besteht darin, das Antibiotikum über eine Bindung, die durch intrazelluläre Glykosidasen gespalten wird, an das Trägerkohlenhydrat zu binden. Diese Konjugate werden dann von den franz. Teams in Caen und Rennes systematisch auf antimikrobielle Wirksamkeit und Resistenzentwicklung gegen eine Reihe von Stämmen mit Schwerpunkt auf den ESKAPE-Erregern untersucht. Darüber hinaus werden mechanistische Analysen zur Identifizierung der Konjugat-Transporter bei zwei grampositiven und zwei gramnegativen Erregern durchgeführt. Synthetische fluoreszierende Oligosaccharide werden hergestellt und als Werkzeuge zur Ergänzung der mechanistischen Analysen eingesetzt. Nach ADME Studien werden wir die vielversprechendsten Konjugate in Insekten und Mäusen einsetzen, um deren In-vivo-Toxizität/PK zu bewerten und einen In-vivo- Nachweis zur Validierung des Konzepts in Infektionsmodellen zu erbringen. Wir erwarten dass die starke Erhöhung der intrazellulären Antibiotikakonzentration durch aktiven Import sowohl die Resistenzen, hervorgerufen durch Veränderung der Zielmoleküle dieser Antibiotika, überwindet, als auch - und dies ist von besonderer Wichtigkeit - die häufige Wirkungslosigkeit von Antibiotika durch stark eingeschränkte Permeabilität bei gramnegativen Bakterien aufhebt.

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SWEETBULLETS (JOSCHA MEIERS, OLGA METELKINA, VARVARA VERKHOVA AND EVA ZAHORSKA)

Bacterial infections are now a global threat demanding novel treatments due to the appearance of resistances against antibiotics at a high pace. The ESKAPE pathogens are those with highest importance in the EU and chronic infections due to biofilm formation are a particular task. Noninvasive pathogen-specific imaging of the infected tissue is not clinically available. Its successful implementation will enable the choice of appropriate therapy and boost efficacy. Furthermore,
Gram-negative bacteria have a highly protective cellular envelope as an important resistance mechanism for drugs acting intracellularly, resulting in an alarmingly empty drug-pipeline.
To overcome this gap, I will establish Lectin-directed Theranostics targeting pathogens via their extracellular carbohydrate-binding proteins at the site of infection for specific imaging and treatment. This will be implemented for the highly resistant ESKAPE pathogen Pseudomonas aeruginosa through 3 different work packages.
WP1 Sweet Imaging: Design & conjugation of lectin-directed ligands to imaging probes, Optimization of ligand/linker, in vivo proof-of-concept imaging study.
WP2 Sweet Targeting: Delivery of antibiotics to the infection through covalent linking of lectindirecting groups. Employing different antibiotics, assessment of bactericidal potency and targeting efficiency. Manufacturing of nano-carriers with surface exposed lectin-directed ligands, noncovalent charging with antibiotics. In vitro and in vivo targeting.
WP3 Sweet SMART Targeting: Conjugates as SMART drugs: specific release of anti-biofilm lectin inhibitor and drug cargo upon contact with pathogen, development of linkers cleavable by pathogenic enzymes.
SWEETBULLETS will establish fundamentally novel lectin-directed theranostics to fight these deleterious infections and provide relief to nosocomially infected and cystic fibrosis patients. It is rapidly extendable towards other ESKAPE pathogens, e.g. Klebsiella spp..

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DEVELOPMENT OF NON-CARBOHYDRATE GLYCOMIMETICS (EIKE SIEBS)

Kohlenhydrat-Protein-Wechselwirkungen sind häufig an Schlüsselstellen von biologischen Prozessen beteiligt, wie der Befruchtung von Eizellen, der Rekrutierung von Immunzellen in Gewebe, aber auch bei Infektionsprozessen, bei Entzündungen, bei der Tumormetastasierung und anderen pathophysiologischen Konditionen. Pathogene Mikroorganismen, z. B. Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten, haben verschiedene Strategien entwickelt, um Zuckerstrukturen auf menschlichem Gewebe spezifisch zu erkennen oder diese für den Zelleintritt zu nutzen. Beispiele für Proteine in solchen Erkennungsprozessen können Viruskapselproteine sein, Adhäsine auf der Spitze von bakteriellen Pili, aber auch lösliche Lektine oder Kohlenhydrat-bindende Domänen von Enzymen oder Toxinen. Die Kohlenhydrat-Bindestellen dieser Proteine sind spezifisch für Glykane auf menschlichem Epithel wie zum Beispiel den Oligosacchariden des ABO- oder des Lewis-Blutgruppensystems. Substanzen, die diese Bindeprozesse modulieren oder blockieren können, sind daher von hohem therapeutischem Interesse bei Infektionskrankheiten. Darüber hinaus können menschliche Lektine, die z. B. bei der Metastasierung von Krebszellen oder bei chronischen Autoimmunerkrankungen Schlüsselrollen einnehmen, in derselben Weise als Zielstrukturen für eine Therapie dienen. Die Forschung und Entwicklung solcher Inhibitoren ist daher von sehr großem Interesse. Dieses Projekt beschäftigt sich mit dem Gebiet der noch in großem Maße unerforschten nicht-Kohlenhydrat Glykomimetika als potentiellen Therapeutika. Solche Glykomimetika haben zahlreiche Vorteile gegenüber bisherigen von Kohlenhydraten abgeleiteten Strukturen z. B. in der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik sowie der synthetischen Zugänglichkeit in industriellem Maßstab. Am Beispiel dreier bakterieller Lektine als Zielstrukturen plant das Konsortium aus zwei französischen und zwei deutschen Partnern die Entwicklung eines allgemein anwendbaren Konzepts zur Entwicklung von Lektininhibitoren. In einem Drei-Säulen-Ansatz werden computer-gestützte Verfahren, NMR Fragment-basierte Screeningmethoden und biochemische Verfahren eingesetzt, um insgesamt fünf komplementäre Bibliotheken auf Aktivitäten zu testen. Die resultierenden Hits werden anschließend mittels strukturbasierter Methoden sowie anhand thermodynamischer und kinetischer Parameter charakterisiert und optimiert. Zudem ist eine Präsentation dieser optimierten Leitstrukturen auf multivalenten Trägern, für den Fall nicht hinreichend aktiver monovalenter Leitstrukturen, geplant. Dieses Projekt zielt auf die Entwicklung einer allgemein anwendbaren Methodik im bis dato wissenschaftlich vernachlässigten Bereich der nicht-Kohlenhydrat Lektininhibitoren ab. Nach erfolgreicher Etablierung und Validierung des Prozesses anhand der drei diversen Beispiellektine, soll diese Methodik allgemein anwendbar sein und Verwendung bei anderen mikrobiellen oder humanen Lektinen mit hohem therapeutischem Interesse finden.

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Weiterführende Informationen

Eine aktuelle Übersicht des Teams sowie weitere Informationen über die Forschungsgruppe finden Sie auf der Webseite des HIPS.

Bachelor- & Masterarbeiten
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  • HIPS Infofilm

    Antibiotika-Resistenzen sind weltweit eine der großen Herausforderungen bei Infektionskrankheiten. Hier setzt das neue Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) an.

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  • Widerspenstige Quellen für neue Antibiotika – eine neue Strategie um Bakterien neue Wirkstoffe zu entlockenSie sind winzig klein, lieben es warm und gelten unter wissenschaftlichen Insidern als neuer Stern am Antibiotikahimmel: Actinomyceten. Allerdings ist dieser Stern nicht sehr freigiebig mit seinen Produkten und wehrt sich beinahe schon zielstrebig gegen Versuche ihm neue Substanzen zu entlocken. Andriy Luzhetskyy hat einen Trick entwickelt, mit dem er die Abwehr der Actinomyceten unterwandern kann – und so neue Quellen für neuartige Antibiotika erschließt. Besuchen Sie ihn am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS)…
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