Epidemiologie
Leitung
Epidemiologisches Labor
Eine der Aufgaben des epidemiologischen Labors besteht darin, unabhängig vom Erinnerungsvermögen der betroffenen Personen (z.B. Probanden von Studien) Infektionen in Bevölkerungsgruppen zu erfassen. Aus diesem Grund suchen wir in Bioproben von Probanden, wie z.B. in Nasenabstrichen, Stuhl, Speichel und Blut, entweder gezielt nach den Erregern selbst oder nach Spuren von Erregern, welche im Zuge einer Ansteckung entstanden sind. Dazu entwickeln wir eigene Nachweismethoden und begleiten, basierend auf unserem Wissen, Feldstudien zur Erfassung des Gesundheitszustandes von Bevölkerungsgruppen in Deutschland und weltweit bezüglich des Auftretens von Infektionskrankheiten.
Ziel ist es, mit Hilfe der so gewonnenen Erkenntnisse, die Maßnahmen gegen die Verbreitung von Infektionskrankheiten zu verbessern.

So nutzten wir in der Vergangenheit den direkten Erregernachweis, um die Verbreitung antibiotikaresistenter Erreger in der Bevölkerung am Beispiel des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) in der Nase zu erfassen (s-swab Studie) [1, 2].
In einem aktuellen Projekt zur Ermittlung der Prävalenz des Hepatitis B- Virus in einer Region im Westafrikanischen Burkina Faso konnten wir unsere Expertise in diagnostischen Feldversuchen einbringen. Hierbei stand der Wissens- und Technologietransfer im Vordergrund unserer Arbeiten.
Im Bereich des indirekten Erregernachweises befassen wir uns mit der Entwicklung molekularer Nachweismethoden zur Bestimmung der Vielfalt von Antikörpern im Blut von Probanden. Mit dieser als differentiellen Multiplex-Serologie bezeichneten Methode können wir gleichzeitig ermitteln, mit welchen Erregern die Probanden in der Vergangenheit infiziert waren und ob ein Schutz durch zuvor erfolgte Impfungen vorliegt. Dies hilft bei der Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit und Effektivität von Impfungen gegen Krankheitserreger mit hohem Risiko für allgemeine Bevölkerungsgruppen, wie z.B. viral verursachte Leberentzündungen und Masern. Für die Messungen verwenden wir die differentielle Multiplex-Serologie, die es uns ermöglicht, viele Proben in kleinsten Mengen (wenige Blutstropfen) auf viele Erreger bzw. Antikörper gleichzeitig zu untersuchen.
Ein erster Erfolg in diesem Projekt war die Entwicklung einer differentiellen Multiplex-Serologie speziell für Infektionen mit dem Hepatitis A-Virus. Hiermit ist es erstmalig möglich, Immunantworten auf Grund von zurückliegenden Infektionen zu identifizieren und diese gleichzeitig von Immunantworten als Reaktion auf Impfungen zu unterscheiden [3, 4]. Zukünftig planen wir die Verwendung der differentiellen Multiplex-Serologie als Schlüsseltechnologie für die Erschließung der Krankheitslast und die Messung des Erfolgs von Eliminierungsversuchen von infektionsepidemiologisch bedeutsamen Erregern wie weiteren viralen Hepatitis- Erregern und Masern. Diese Schlüsseltechnologie kann auch als begleitende Labordiagnostik bei der Einführung neu entwickelter Impfstoffe eine große Rolle spielen.
Um aussagekräftige und belastbare Aussagen treffen zu können, ist eine fundierte infektionsepidemiologische Forschung auf hochwertige Biomaterialien angewiesen. Aufgrund der Integration neuer Technologien hat sich der Wissenstand zu molekularen Nachweistechnologien wesentlich schneller entwickelt als der Bereich der eigentlichen Bioprobensammlung. Ein Problem besteht auch in der routinemäßigen Verwendung kleiner Probenmengen von geringer Qualität, das oft auf unzureichend standardisierte Probeentnahmeverfahren im Feld zurückzuführen ist. Dieses Dilemma der Probengenerierung wird zu einem wachsenden Engpass bei komplexen Studien, insbesondere bei groß angelegten infektionsepidemiologischen Feldstudien, die außerhalb einer kontrollierten, hochgradig standardisierten Umgebung durchgeführt werden. Um Lösungen dafür zu definieren, entwickeln wir neue Konzepte und Geräte zur Selbstbeprobung von Studienteilnehmern. Diese basieren auf neuen Ansätzen zu Probenentnahme sowie Konservierungs- und Stabilisierungsmethoden, die von uns mit besonderem Augenmerk auf ihre Benutzerfreundlichkeit entwickelt werden. Die Neuentwicklungen erfolgen interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Experten aus verschiedenen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtungen. Hinzu kommt eine enge Zusammenarbeit mit Anwendern in der klinischen Praxis von der ersten Idee bis zum anwendbaren Konzept.
Die folgenden Schlüsselmerkmale sehen wir als richtungsgebend für zukünftige Entwicklungen: nicht invasiv, kostengünstig, einfach und intuitiv zu bedienen, einfach zu transportieren, sicher.
- Mehraj, J., et al., Methicillin-sensitive and methicillin-resistant Staphylococcus aureus nasal carriage in a random sample of non-hospitalized adult population in northern Germany. PLoS One, 2014. 9(9): p. e107937.
- Mehraj, J., et al., Epidemiology of Staphylococcus aureus Nasal Carriage Patterns in the Community. Curr Top Microbiol Immunol, 2016. 398: p. 55-87.
- Bohm, K., et al., Validation of HAV biomarker 2A for differential diagnostic of hepatitis A infected and vaccinated individuals using multiplex serology. Vaccine, 2017. 35(43): p. 5883-5889.
- Krause, G., K. Bohm, and C. Sievers, Method for differentiation of immune response in an individual. 2017, Google Patents.