Wirkstoff-Bioinformatik
Die Bioinformatik unterstützt und kooperiert mit anderen Bereichen der Molekularbiologie indem sie unter anderem Verfahren zur Analyse von Genomsequenzen entwickelt oder Vorhersagen der dreidimensionalen Struktur von Wirkstoff-Ziel-Komplexen generiert. Wir verwenden modernste Techniken der Bioinformatik und Informatik an, um neuartige Resistenzmechanismen zu entdecken und die Wirkungsweise bioaktiver Verbindungen vorherzusagen. Diese Gruppe hat ihren Sitz am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).
Leitung
Projekte
Strukturelle Annotation genetischer Varianten:
Durch die Analyse der räumlichen Verteilung genetischer Varianten in dreidimensionalen Strukturen von Proteinen und ihren Homologen können wir Hypothesen über die funktionellen Konsequenzen dieser Varianten erstellen. Liegt beispielsweise eine durch einen Einzelnukleotid-Polymorphismus verursachte Mutation auf einer Interaktionsoberfläche mit einem anderen Protein oder in einer Ligandenbindungstasche, kann dies die entsprechende Bindungsaffinität beeinflussen, oder Mutationen im Proteinkern können sich nachteilig auf dessen Stabilität auswirken. Wir entwickeln Methoden, mit denen sich sehr große Datensätze auf diese Weise annotieren lassen, und geben Einblick in die Beziehung zwischen annotierten pathogenen oder funktionellen Effekten von Mutationen und ihrer Lage in den dreidimensionalen Strukturen von Proteinen und ihren Komplexen.
Vorhersage der funktionellen Wirkung von Mutationen:
Wir entwickeln Machine Learning Methoden zur Vorhersage des Einflusses von Mutationen unter Verwendung einer Vielzahl von Features, die die dreidimensionalen Proteinstrukturen, Proteininteraktionen und ihre Evolution beschreiben. Die Methoden können trainiert werden, um den Einfluss auf die Proteinfunktion sowie deren Pathogenität, die mit der Proteinfunktion korreliert, vorherzusagen. Darüber hinaus untersuchen wir die Möglichkeit, solche Methoden zu trainieren, um die Auswirkungen auf spezifischere Phänotypen, wie z. B. die Resistenz gegen antibakterielle Wirkstoffen, vorherzusagen.
Identifizierung von Funktionsmotiven in dreidimensionalen Proteinstrukturen:
Wir verwenden eine Data-Mining Technik, die als frequent Subgraph-Mining bezeichnet wird, um wiederkehrende Strukturmuster in dreidimensionalen Strukturen einer Reihe von entfernt verwandten Proteinen zu erkennen. Diese über sehr lange Evolutionsdistanzen signifikant konservierten Strukturmuster repräsentieren bekannte und neuartige funktionell und strukturell wichtige Motive in den entsprechenden Proteinen.
Vorhersage der Spezifität der Wirkstoffbindungstasche mit Hilfe von Graph Mining Methoden:
Fokussiert auf Aminosäuren, die Bindungstaschen und Hohlräume in Proteinstrukturen formen, wenden wir frequent Subgraph-Mining sowohl auf das Netzwerk der Seitenkettenwechselwirkungen in Proteinen als auch auf die chemischen Strukturen potenzieller Wirkstoffe und deren Wechselwirkungen an, um spezifische wiederkehrende Muster bestimmter chemischer funktioneller Gruppen zu ermitteln.
Molekulardynamische Simulation von Resistenzmechanismen:
Wir wenden klassische Methoden der Molekulardynamiksimulation auf die Dynamik der entsprechender Wirkstofftargets an, um den Einfluss von Mutationen, die Resistenzen bei Krankheitserregern sowie bei der Krebsbehandlung hervorrufen, zu untersuchen. Auf diese Weise können wir die Mechanismen der Resistenzentwicklung auch in Fällen erklären, in denen die unmittelbare Wirkstoffbindungsstelle nicht sichtbar betroffen ist.
Systemmedizinische Untersuchung des alternativen Spleißens bei Herz- und Nierenerkrankungen (Sys_CARE):
In diesem vom BMBF geförderten Projekt in Kooperation mit der Technischen Universität München und dem Universitätsklinikum Greifswald untersuchen wir mit unserer Expertise in der Strukturmodellierung und Strukturannotation neuartige Mechanismen der Pathogenese bei Herz- und Nierenerkrankungen und konzentrieren uns dabei auf die durch krankheitsspezifische alternative Spleißereignisse verursachten Veränderungen von Proteinen.
Vorhersage von Resistenzmechanismen und Wirkungsweise neuer antibakterieller Wirkstoffe:
Wir verwenden eine Kombination von phylogenetischer Rekonstruktion und Strukturmodellierung, um die Resistenzmechanismen gegen neuartige antibakterielle Wirkstoffe Wirkstoffe zu untersuchen. Wir können die evolutionäre Ausbreitung potenzieller Resistenzfaktoren verfolgen und so noch nicht beobachtete Resistenzen in Bakterienpopulationen vorhersagen.
Weiterführende Informationen
Eine aktuelle Übersicht des Teams sowie weitere Informationen über die Forschungsgruppe finden Sie auf der Webseite des HIPS.