SARS-CoV-2 / COVID-19

Seit Ende 2019 verbreitet sich weltweit ein neuartiges Virus, das Atemwegserkrankungen und Lungenentzündungen auslösen kann. Der Erreger SARS-CoV-2 gehört zur Familie der Coronaviren und ist nah mit dem SARS-Virus verwandt, das im Jahr 2002 eine Pandemie ausgelöst hat. Hier informieren wir Sie laufend über aktuelle Entwicklungen der Forschung und geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Mit einer Impfung wird das Immunsystem trainiert, Erreger zu erkennen und unschädlich zu machen. Dafür wird der Erreger abgeschwächt, inaktiviert, oder es werden nur einzelne Bestandteile des Erregers verwendet. Dadurch bildet das Immunsystem Antikörper und T-Zellen aus, die den Erreger neutralisieren und infizierte Zellen töten. Im Falle des erneuten Kontakts mit dem Krankheitserreger kann der Körper schnell sein Immungedächtnis abrufen und die Infektion abwehren.

Für einen effektiven Schutz sollten Impfungen mehrere Zelltypen im Immunsystem ansprechen: Antikörper-produzierende B-Zellen und zytotoxische T-Zellen, die infizierte Zellen töten. Einen weiteren Aspekt hebt Prof. Carlos A. Guzmán, Leiter der Abteilung „Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie“ am HZI, hervor:

Für eine effektive Impfung muss man parallel T-Helferzellen stimulieren. Nur so bekommt man effektive Antikörper, und es bildet sich ein immunologisches Gedächtnis, das bei einer Infektion die Produktion eben dieser Antikörper hervorruft.

Prof. Carlos a. GuzmáN, LEITER DER ABTEILUNG VAKZINOLOGIE UND ANGEWANDTE MIKROBIOLOGIE

Die aktuell gültigen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen ("Booster") finden Sie auf der Webseite der STIKO.

Welche Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 sind in Europa zugelassen?

Die Strukturen des Erregers, die das Immunsystem erkennt, werden Antigen genannt. Aus der Forschung an den SARS- und MERS-Coronaviren ist bekannt, dass Antikörper, die das Stachel-Protein (Spike-Protein) auf der Virusoberfläche neutralisieren, eine Infektion verhindern. Coronaviren benutzen das Spike-Protein, um an einen Rezeptor auf der Oberfläche der Wirtszelle anzudocken und in die Zelle einzudringen.

Die meisten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 setzen auf das Spike-Protein als Impfantigen. Sie unterscheiden sich in der Art, wie das Spike-Protein in den Körper gelangt.

mRNA-Impfstoffe

Die ersten zwei Impfstoffe gegen SARS-CoV-2, denen die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) eine bedingte Marktzulassung erteilt hat, sind die mRNA-Impfstoffe von BioNTech & Pfizer (Handelsname: Comirnaty) sowie Moderna (Handelsname: Spikevax). Anders als bei traditionellen Impfstoffen wird bei dieser Technologie das Impfantigen nicht direkt verabreicht. Stattdessen enthält der Impfstoff den Bauplan in Form von Einzelstrang-RNA verpackt in Lipid-Nanopartikeln. Die Bauanleitung in den Corona-Impfstoffen codiert das Spike-Protein auf der Virus-Oberfläche. 

Diese Boten-RNA (englisch: messenger RNA, mRNA) wird im Zytoplasma in Proteine übersetzt. Ein Teil der in Zellen hergestellten Spike-Proteine wird von Antigen-präsentierenden Zellen auf der Zelloberfläche präsentiert und von anderen Immunzellen als fremd erkannt. Dies löst eine Immunreaktion aus, bei der Antikörper und zytotoxische T-Zellen entstehen, die spezifisch gegen das Coronavirus gerichtet sind.

Die Impf-mRNA, Lipid-Nanopartikel und Spike-Proteine werden innerhalb kurzer Zeit vom Körper abgebaut. Die Antikörper und Spike-reaktiven Immunzellen sind jedoch mindestens über längere Zeit aktiv. Zu Bedenken, dass mRNA-Impfstoffe zu Änderungen des Genoms führen, kommentiert Prof. Carlos A. Guzmán:

Der RNA-Impfstoff hat kaum eine Chance, unser Genom zu verändern. In extrem wenigen Zelltypen und Situationen (z. B. Keimzellen) gibt es genetische Elemente, die das Enzym Reverse Transkriptase kodieren. Dieses Enzym ist in der Lage, mRNA in cDNA umzuschreiben, sodass es zwar theoretisch möglich ist, dass eine von derselben Zelle produzierte mRNA (und davon gibt es hunderttausende) oder von außen eingeführte mRNA in cDNA umgeschrieben werden kann, dieses System arbeitet aber mit einer unglaublich schlechten Effizienz. In den Zellen, in die die mRNA durch eine Impfung gelangt, finden diese Vorgänge hingegen in der Regel nicht statt. Tatsache ist auch, dass die angesprochenen Mechanismen bereits bei Abwesenheit des Impfstoffes stattfinden und ein mRNA-Impfstoff solche Mechanismen nicht beeinflussen kann.

Prof. Carlos A. Guzmán, Leiter der abteilung Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie

Wie RNA-Impfungen funktionieren, erklärt auch der „Klar soweit?“-Comic der Helmholtz-Gemeinschaft.

Vektorimpfstoffe und mRNA-Impfstoffe verbindet das grundlegende Prinzip, eine Abwehrreaktion hervorzurufen, ohne einen Erreger oder auch nur ein Teil davon zu verabreichen. Sie bringen den Körper vielmehr dazu, das entscheidende Antigen selber herzustellen. Dank des „Programmierbarkeit“ der genetischen Informationen in den Impfstoffen können sie relativ schnell angepasst werden, wenn das Virus sich verändert. So wurden im Herbst 2022 an Omikron angepasste mRNA-Impfstoffe für Auffrischungsimpfungen zugelassen. 

Vektorimpfstoffe

Auch Vektorimpfstoffe enthalten das Spike-Impfantigen nicht als Protein, sondern lediglich die Bauanleitung für das Protein. Anders als bei mRNA-Impfstoffen wird hier ein anderes, abgeschwächtes und harmloses Virus als Transportsystem für die Übertragung der genetischen Information für das Spike-Protein genutzt.

In der EU ist seit Ende Januar 2021 der Vektorimpfstoff der University of Oxford und von Astra-Zeneca (Handelsname: Vaxzevria) zugelassen. Diese Hersteller verwenden das abgeschwächte Schimpansen-Adenovirus ChAdOx1. Viren aus der Familie der Adenoviren verursachen meist Erkältungs- oder grippeähnliche Symptome. Das Erbgut des Adenovirus ist so manipuliert, dass sich das Virus nicht mehr vermehren kann.

ChAdOx1 bindet an einen Rezeptor an der Zelloberfläche und dringt so in die Zelle ein. Die Virus-DNA wird im Zellkern abgelesen und als mRNA kopiert. Diese wird außerhalb des Zellkerns in das Spike-Protein übersetzt. Der Prozess der Immunreaktion auf das Spike-Protein läuft nun vergleichbar zu den mRNA-Impfungen ab.

Der im März 2021 von der EMA zugelassene Impfstoff Ad26.COV2.S der Firma Johnson & Johnson (COVID-19 Vaccine Janssen) basiert ebenfalls auf diesem Wirkprinzip. Das verwendete Vektorvirus ist jedoch ein abgeschwächtes humanes Adenovirus (Adenovirus 26).

Proteinbasierte Impfstoffe

Im Gegensatz zu mRNA- und Vektorimpfstoffen, die die Bauanleitung für das Impfantigen enthalten, ist dieses in proteinbasierten Impfstoffen bereits enthalten. Im Dezember 2021 hat der erste SARS-CoV-2-Impfstoff mit diesem Wirkprinzip eine EMA-Zulassung erhalten. Dabei handelt es sich um den Impfstoff von der Firma Novavax (Handelsname: Nuvaxovid). Für die Produktion wird das Gen, das für das Spike-Protein kodiert, mithilfe eines Virus in Insektenzellen eingeschleust. Diese produzieren große Mengen des Proteins, das nach der Aufreinigung synthetische Nanopartikel bildet.

Insgesamt ist die Immunantwort, die proteinbasierte Impfstoffe auslösen, schwächer als bei anderen Technologien. Um das Immunsystem umfassend anzuregen, enthalten sie daher in der Regel Wirkverstärker (Adjuvanzien). Dem Novavax-Impfstoff sind dafür Saponine zugesetzt, die aus einem Seifenbaumextrakt gewonnen werden.

Proteinbasierte Impfstoffe haben ein gutes Sicherheitsprofil und sind auch bei Kühlschranktemperaturen lagerbar, dafür sind sie vergleichsweise aufwendig zu produzieren. Dazu sagt Prof. Carlos Guzmán:

"Proteinbasierte Impfungen sind sehr gut bekannt, werden in der Regel besser toleriert, und es gibt keine großen offenen Fragen. Ein Nachteil ist, dass die Entwicklung von proteinbasierten Vakzinen länger dauert als bei Vektor- oder mRNA-Impfstoffen.“

ROF. CARLOS A. GUZMÁN, LEITER DER ABTEILUNG VAKZINOLOGIE UND ANGEWANDTE MIKROBIOLOGIE

Insbesondere können mRNA-basierte Impfstoffe leichter an neue Virus-Varianten angepasst werden. Wie wirksam der Impfstoff gegen neue SARS-CoV-2-Varianten wie Omikron ist und ob Anpassungen nötig sein werden, ist zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht bekannt.

Die Wirkweise von proteinbasierten Impfstoffen erklärt auch diese Infografik.

Impfstoffe auf Basis von inaktivierten Viren („Totimpfstoffe“)

Impfstoffe auf Basis von inaktivierten Viren wurden historisch Totimpfstoffe genannt, um sie von abgeschwächten, aber vermehrungsfähigen Lebendimpfstoffen abzugrenzen. Der inaktivierte Ganzvirusimpfstoff von Valneva (Handelsname VLA2001) ist nach dieser Definition ein „klassischer“ Totimpfstoff. Jedoch enthalten auch die mRNA-, Vektor- und proteinbasierten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 keine vermehrungsfähigen Erreger.

VLA2001 enthält aufgereinigte und chemisch inaktivierte Viruspartikel. Diese werden in der Vero-Zelllinie vermehrt und anschließend aufgereinigt. Anders als bei den bisher zugelassenen mRNA-, Vektor- und Proteinimpfstoffen wird damit nicht nur ein Virusantigen (Spike) verimpft, sondern verschiedene SARS-CoV-2-Antigene. So soll eine breitere Immunantwort ausgelöst werden. Zudem enthält der Impfstoff Aluminiumsalz und einen kurzen synthetischen DNA-Abschnitt (CpG-Oligonukleotid 1018) als Wirkverstärker. Dies ist notwendig, um die T-Zell-Reaktion zu fördern, die bei Totimpfstoffen im Gegensatz zu Lebendimpfstoffen oft schwächer ausfällt. Der Impfstoff kann bei Kühlschranktemperaturen über mehrere Monate gelagert werden.

Impfstoffforschung am HZI

Die Abteilung von Prof. Carlos Guzmán erforscht einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2, der über die Schleimhäute verabreicht werden kann und einen besseren Schutz gegen eine Infektion und damit auch gegen eine Übertragung des Virus bieten könnte. Anstatt per Spritze in den Oberarm könnte die Impfung also per Nasenspray gegeben werden. Dabei kommt ein am HZI entwickelter Wirkverstärker zum Einsatz. Das Adjuvans c-di-AMP verstärkt die Reaktion des Immunsystems auf den Impfstoff.

SUPPORT

Mit Ihrer Spende an das HZI unterstützen Sie direkt innovative Projekte der Coronaforschung, die zu Lösungen zur Eindämmung des Virus und zur Identifizierung möglicher Wirkstoffe beitragen. [weiterlesen]

Wie bei den bereits zugelassenen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 dient das Stachel-Protein (Spike-Protein) auf der Virushülle als Antigen, gegen das eine Immunantwort erzeugt wird. Die Forscher:innen setzen auf einen Impfstoff, der ein biotechnologisch hergestelltes Spike-Protein enthält (Subunit-Impfstoff). Diese Art Impfstoffe ist bereits etabliert und kann auch bei immungeschwächten Personen sicher eingesetzt werden.

Zudem suchen die Wissenschaftler:innen mit bioinformatischen Ansätzen nach künstlichen Varianten des Spike-Proteins, die zur Ausbildung von kreuzreaktiven Immunantworten führen. Ziel dieses Projekts ist es, dass die Impfung mit dem synthetischen Spike-Protein auch gegen Varianten von SARS-CoV-2 sowie vor anderen und kommenden Coronaviren schützt.

In Kooperation mit dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung arbeiten HZI-Forscher:innen an verbesserten Methoden zur Inaktivierung von Viren für die Impfstoffforschung. Die Inaktivierung von Viren durch Hitze oder Gamma-Strahlung ist ein traditioneller Ansatz zur Herstellung von Totimpfstoffen. Dabei können jedoch Oberflächen- und Membranstrukturen der Viren beschädigt werden, was sich negativ auf die immunogene Wirkung des Impfstoffs auswirkt. GSI und HZI untersuchen nun, ob Strahlung mit hochenergetischen Schwerionen SARS-CoV-2 unter weitgehender Erhaltung der Virusstrukturen inaktivieren kann.

Im Rahmen der Transvac 2 Initiative (A European Network of Vaccine Research and Development) unterstützt das Team um Prof. Carlos Guzmán darüber hinaus weitere Projekte zur Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen, indem sie sowohl akademischen Einrichtungen als auch Biotech-Firmen ihre Dienste zur Erprobung der Impfstoffkandidaten zur Verfügung stellen.

Sicherheit der Corona-Impfstoffe

Wie bei allen Impfungen kann es auch bei den Corona-Impfstoffen kurz nach der Verabreichung zu Impfreaktionen kommen. Diese entstehen durch die Aktivierung des Immunsystems.

Bei Impfstoffen auf mRNA-Basis oder Vektoren wie Adenoviren hat etwa die Hälfte der Geimpften lokale oder systemische nicht gravierende Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schlappheit oder Schmerzen an der Einstichstelle. Das ist ein deutlich höherer Anteil als bei vielen etablierten Impfstoffen. Trotzdem sind die Impfstoffe nach allem, was man bisher weiß, so sicher wie auch andere Impfstoffe, und die Risiko-Nutzen-Abwägung stimmt für die Bevölkerungsgruppen, für die die Impfstoffe zugelassen wurden.

Prof. Carlos A. Guzmán, Leiter der abteilung Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie

In Deutschland überwacht das Paul-Ehrlich-Institut die Sicherheit von Impfstoffen. Es sammelt und bewertet Meldungen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte.

Forschungsnews

Interview

Dr. Peggy Riese, Wissenschaftlerin in der Abteilung Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie am HZI, spricht im Interview über aktuelle Entwicklungen in der SARS-CoV-2-Impfstoffforschung. [weiterlesen]

Impfungen

Impfungen gehören zu den bedeutsamsten medizinischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts und sind der sicherste Schutz vor vielen Infektionskrankheiten. [weiterlesen]

Beteiligte Gruppen

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