Marina Pils - Die Gewebekünstlerin

Marina Pils weiß, wie man feine Gewebestrukturen präpariert und sichtbar macht. Mit Kreativität und Fachwissen entwickelt sie histologische Methoden und hilft so Forschern, Infektionskrankheiten auf Gewebeebene zu untersuchen.

Könnten wir einen Blick unter die Haut werfen, was würden wir sehen? Zellen natürlich. Fragt man Marina Pils, wird sie antworten: „Gewebe. Ein lebendiger Körper ist mehr als nur ein Haufen Zellen. Denn Zellen organisieren sich in funktionale Einheiten, und oft ist es die Fitness der Einheit, nicht die bestimmter Zellen, die Gesundheit von Krankheit trennt.“ Die Tierärztin leitet die Mauspathologie-Plattform am HZI und schaut täglich unter die Haut. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt sie histologische Methoden, um die Beziehung zwischen Infektionskrankheiten und Gewebeveränderungen zu untersuchen.

„Histologie ist das wissenschaftliche Studium der Gewebestruktur und – auf dieser Grundlage – der Krankheitsentwicklung“

Marina Pils, Leiterin der Technologieplattform Mauspathologie

Pils studierte Veterinärmedizin in Hannover und Lyon, Frankreich. Ihre Liebe zu Tieren – sie wuchs auf einem kleinen Bauernhof auf – hat sie motiviert, Tierärztin zu werden. Doch ihre Leidenschaft für die Wissenschaft brachte sie schließlich ans HZI. Während ihrer Doktorarbeit etablierte sie histologische Techniken für ihr Projekt. Bald begann sie, ihrem farbenblinden Kollegen bei der Vorbereitung und Auswertung der Proben zu helfen. „Am Ende habe ich histologische Analysen für die gesamte Abteilung gemacht“, sagt Pils.

Nach ihrer Promotion arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Hochschule Hannover. 2009 kehrte sie als stellvertretende Leiterin der Tierexperimentellen Einheit ans HZI zurück und führte das CAT-System ein: Diese Software registriert jede Labormaus und ist mittlerweile ein Teil der täglichen Routine vieler HZI-Mitarbeiter.

Schon gewusst?

Die Plattform Mauspathologie ist spezialisiert auf die Herstellung von histologischen Schnittpräparaten und deren pathologischer Auswertung - speziell von Mausgeweben. Diese Auswertungen helfen den Forschern, den Zusammenhang zwischen Gewebeveränderungen und den Infektionskrankheiten zu erarbeiten.

Als Marina Pils ihr erstes Kind bekam, musste sie den Spagat zwischen Kinderbetreuung, Hausarbeit und wissenschaftlichem Dranbleiben schaffen. „Obwohl ich die Zeit mit meiner Tochter sehr genossen habe, war es wichtig, mit meinen Kollegen in Kontakt zu bleiben und wissenschaftliche Probleme zu lösen“, sagt sie. Bald nach der Rückkehr aus der Elternzeit übernahm sie die Leitung der Mauspathologie. In dieser Position hilft sie nun HZI-Forschern bei der Etablierung histologischer Methoden. „Das wollte ich schon immer machen“, erinnert sie sich.

Heute haben Marina Pils und ihr Mann zwei Kinder – und ein Pferd: Zweimal pro Woche geht Pils als Ausgleich zur Laborarbeit Reiten. Das Schwierigste an ihrer Arbeit ist für sie, wissenschaftlichen Fragen mit technischen Möglichkeiten zu begegnen. „Es ist wie beim Schach, man muss ein paar Schritte vorausdenken: welche Fixierungstechnik mit welcher Färbung funktioniert und welche Analysestrategie die beste wäre.“ Denn die in der Literatur beschriebenen Methoden müssen oft angepasst werden. Ist eine Strategie entwickelt, folgen Stunden des Mikroskopierens.

Pils verrät, dass der lohnendste Teil ihrer Arbeit sei, wenn nach all diesen Stunden das Ergebnis hilft, die Ausgangsfrage zu beantworten. „Ist ein Auto kaputt“, sagt sie, „kann man es leicht reparieren, weil es von Menschen gebaut wurde und wir genau wissen, wie es funktioniert. Wenn etwas im Körper kaputt geht, ist nicht immer klar, wie man es beheben kann.“ Aus ihrer Sicht ist das Ziel der Naturwissenschaftler, die Mechanismen von Krankheiten zu entschlüsseln und herauszufinden, wie man sie behandeln kann. Und die einzige Art, dies zu erreichen, sagt sie, sei durch sorgfältig geplante experimentelle Arbeit.

Autorin: Tatyana Dubich (Übersetzung von Christine Bentz)

Veröffentlichung: September 2017

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